Antiregimekrieg
Kriege, in denen um den Sturz der Regierenden oder um die Veränderung oder den Erhalt des politischen Systems oder gar der Gesellschaftsordnung gekämpft wird.
Am Beispiel: Nepal
Der Krieg, der seit 1999 in Nepal zwischen maoistischen Rebellen, den CPN-Maoist, und den staatlichen Sicherheitskräften Nepals wütet, wurde von der AKUF 2005 (das letzte Berichtsjahr) als Antiregimekrieg (Kriegstyp: A-2) eingestuft.
Als im Jahr 1990 eine Volksbewegung im einzigen hinduistischen Staat der Welt, in dem ein Großteil der Bevölkerung aufgrund des Kastensystems weitgehend diskriminiert wird, die 30-jährige autokratische Herrschaft des Königshauses beendete, wurde ein Mehrparteiensystem eingeführt, das jedoch nur über geringe demokratische Grundprinzipien verfügte und zur Folge hatte, dass Korruption in Nepal allgegenwärtig war. 1993 entschlossen sich die CPN-Maoist, eine aus maoistisch-orientierten, kommunistischen Gruppen bestehende Bewegung, bei den folgenden Wahlen nicht mehr anzutreten, sondern den bewaffneten Kampf aufzunehmen. In den Jahren darauf kam es immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen den Rebellen und den nepalesischen Sicherheitskräften, worunter besonders die Landbevölkerung zu leiden hatte.
In den folgenden Jahren wurden die Rebellen von Regierungsseite nicht ernstgenommen und als ein Problem betrachtet, das in den Aufgabenbereich der Polizei fiel. In dieser Zeit stieg jedoch der Einfluss der maoistischen Rebellen in der Bevölkerung stark an: im Westen des Landes wurde sogar eine Parallelregierung errichtet, die Rebellen hatten die Verwaltungsstrukturen zunehmend fester im Griff. Schließlich schlug die Regierung 1999 einen Konfrontationskurs ein, der dazu führte , dass der Konflikt kriegerische Ausmaße annahm.
Als 2001 König Gyanendra nach der Ermordung seines Bruders den Thron bestieg, verschob dieser die geplanten Wahlen ohne einen neuen Termin zu nennen und tauschte lokal gewählte gegen königstreue Beamte aus – seit Einführung der konstitutionellen Monarchie lag also zum ersten mal die Macht wieder beim König. In den folgenden beiden Jahren versuchten die politischen Parteien wieder an Einfluss zu gewinnen. Während dieser Zeit hielten die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Sicherheitskräften weiter an.
In den folgenden Jahren hielten die Auseinandersetzungen weiter an und es kam zu keiner substantiellen Verbesserung der Sicherheitslage in Nepal.
Die Regierung wurde vom König mehrmals abgesetzt und es wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Im Jahr 2005 veranlasste der König die Einführung einer strikten Pressezensur, zahlreiche Menschenrechte wurden außer Kraft gesetzt. Es kam wiederholt zu Verhaftungen von OppositionspolitikerInnen und kritischen JournalistInnen.
Im September 2005 kam es schließlich zu einer Annäherung zwischen den CPN-Maoist, die einseitig eine Waffenruhe verkündeten, und den Parlamentsparteien, die ebenfalls Gesprächsbereitschaft signalisierten, sodass es in der Folge zu einem Abkommen kam, welches die Beendigung des Bürgerkriegs und den Übergang zur Demokratie vorsah. Außerdem sollten die Befugnisse des Königs stark eingeschränkt werden. Am Ende des Berichtsjahres war jedoch noch nicht abzusehen, welche Beständigkeit dieses Abkommen haben würde.
Durch innerstaatliche Proteste und auf internationalen Druck hin gab König Gyanendra am 21. April 2006 bekannt, dass die Exekutivgewalt von ihm wieder an das Volk übergehe. Die Siebenparteienallianz wurde ausdrücklich ermächtigt, den nächsten Ministerpräsidenten zu bestimmen. Diese lehnte das Angebot des Königs als zu wenig weitgehend ab: sie forderte weiterhin die Wiedereinsetzung des 2002 aufgelösten Parlaments, die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung und die Einschränkung der absolutistischen Herrschaft des Königs.
Auf Bestreben aus monarchistischen Kreisen sowie aufgrund des internationalen Drucks – unter anderem fürchteten die USA eine Stärkung der Maoisten, die inzwischen nahezu 80 % Nepals kontrollierten – sah sich König Gyanendra am 24. April 2006 genötigt, die unmittelbare Wiedereinsetzung des einstigen Parlamentes anzukündigen.
Das Parlament beschloss mit einer einstimmig angenommenen Resolution weitreichende Änderungen der staatlichen Ordnung: König Gyanendra verlor demnach den Oberbefehl über das Militär und sollte in Zukunft nur noch repräsentative Aufgaben wahrnehmen, jedoch keinen Einfluss auf die Staatsgeschäfte mehr ausüben können. Er verlor seine Immunität vor Strafverfolgung. Des Weiteren erfolgte der Beschluss der Säkularisierung, was bedeutet: Der Hinduismus war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Staatsreligion.
Am 21. November 2006 erfolgte die Unterzeichnung der Vereinbarung zum Ende des zehnjährigen Bürgerkrieges durch Premierminister Koirala und Maoistenführer Prachanda. (red)
Quellen
Swenja Kopp: Nepal; www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege/249ak_nepal.htm (Stand: 06.03. 2010)
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Lesetipps und Links
Thomas Benedikter (2003): Krieg im Himalaya. Hintergründe des Maoisten-Aufstandes in Nepal. Eine politische Landeskunde. LIT Verlag.
Paul Gärtner (2007): Der Maoisten Aufstand in Nepal und sein Einfluss auf den Demokratisierungsprozess. In: Heidelberg Student Papers, South Asian Series, Dresden: Ortner Verlag.