Ökologische Perspektiven

Um dem permanenten Krieg um Ressourcen Einhalt zu gebieten, ist es in erster Linie notwendig, sich aus der Versklavung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu befreien, vor allem von Öl und Gas. Fossile Energieträgern sind bekanntlich nicht in unbegrenzter Menge vorhanden und gehen in absehbarer Zeit dem Ende entgegen. Deshalb besteht die Notwendigkeit, alternative Energiequellen zu nutzen bzw den aktuellen Energieverbrauch zu reduzieren.

Vom fossilen ins postfossile Zeitalter

Was sich in Millionen von Jahren in der Erdkruste als Kohle oder Erdöl abgelagert hat, wird nun innerhalb weniger Jahrhunderte verbraucht. Doch das „fossile Zeitalter“ wird wohl nur als kurze Epoche in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Das postfossile Zeitalter kommt gewiss – zu streiten wäre lediglich darüber, ob in 50 oder 100 Jahren, d. h. ob in der nächsten oder erst in der übernächsten Menschheitsgeneration. Bereits jetzt Alternativen zu entwickeln, ist ein Gebot wirtschaftlicher Klugheit und eine ökologische Notwendigkeit. Denn zum Problem der Verknappung kommt der Klimawandel.

Nicht-Handeln ist in jedem Fall teurer

Der UN-Klimabeirat, ein internationales Gremium von ExpertInnen, rechnet mit einer globalen Erwärmung um bis zu 5 °C bis zum Ende dieses Jahrhunderts, wenn nicht gegengesteuert
wird. Die Forschung geht jedoch von einer maximal verkraftbaren Erwärmung von 2 °C aus. Andernfalls seien größere Katastrophen und Umweltkonflikte nicht zu verhindern. Der Klimawandel kann nicht mehr gestoppt, sondern nur mehr gebremst werden. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Nicht-Handelns werden, so eine britische Studie, bis zu 20 Mal teurer sein als Klimaschutzmaßnahmen. Die Frage lautet daher nicht, was es kostet, wenn wir etwas tun, sondern, was es kostet, wenn wir nichts tun!

Das Verbrennen aller verfügbaren fossilen Energiereserven würde, so die einhellige Meinung der ExpertInnen, das Weltklima derart aufheizen, dass das Management der Folgen nicht mehr möglich wäre. Die Wohlstandseinbußen würden ein Vielfaches dessen ausmachen was die Umsteuerung jetzt kostet. Das „2 Grad Celsius“-Ziel erfordert eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 Prozent bis zum Jahr 2050! Im Klartext heißt dies, dass nicht alle noch verfügbaren fossilen Ressourcen verheizt werden dürfen.

Mindestziel: Minus 50 Prozent

Im Zuge des UNO-Gipfels in New York im Herbst 2007 wurden folgende Zielmarken gesetzt: Auf Basis der Daten aus dem Jahr 2007 wurde bestimmt, dass bis zum Jahr 2050 der CO² Ausstoß global zumindest um die Hälfte reduziert werden muss. Manche ExpertInnen fügen allerdings noch hinzu, dass bis zu diesem Zeitpunkt Gerechtigkeit unter den EnergieverbraucherInnen hergestellt werden soll. Denn im Moment ist der Energieverbrauch der BewohnerInnen verschiedener Länder sehr unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, dass in Zukunft von einem Pro-Kopf-Verbrauch ausgegangen wird, und der muss bis 2050, so der Bund Naturschutz in Deutschland, auf 1,5 Tonnen CO²-Ausstoß pro Kopf gesenkt werden.

Der momentane Verbrauch liegt in den USA bei 20 Tonnen pro Kopf, 10 Tonnen pro Kopf innerhalb der EU, etwas mehr als 4 Tonnen in China, jedoch nur 0,9 Tonnen in Kenia und 0,4 Tonnen pro Kopf in Bangladesch. Notwendig sind internationale Vereinbarungen über Höchstgrenzen, an die sich alle Staaten halten müssen. Derzeit stammen allein aus den USA und China gut 40 Prozent aller Treibhausgase.

Klimawandel ist ein Menschenrechtsthema

„Afrika produziert die mit Abstand wenigsten Treibhausgase, ist aber von den Auswirkungen am stärksten betroffen“, erklärt der Experte für Klimawandel und Entwicklung von CARE, Charles Ehrhart. „Der Klimawandel ist deshalb nicht nur ein Umweltthema. Er ist ein Menschenrechtsthema.“ Als Mitarbeiter, der laufend in den CARE-Projektländern unterwegs ist, wird Ehrhart täglich und hautnah mit den Auswirkungen konfrontiert: „Viele Menschen in Afrika oder Asien haben noch nie vom Begriff ‚Klimawandel‘ gehört, aber sie erklären mir, dass der Regen jedes Jahr spärlicher wird und die Felder kaum mehr einen Ertrag abwerfen. Und sie sorgen sich deshalb um ihre Zukunft.“ Vor allem für Teile Afrikas werden schon bis zum Jahr 2020 Ernteeinbußen um die Hälfte prognostiziert.

Die Folgen sind gravierend, inzwischen sind 20 Millionen Menschen aus Klimagründen auf der Flucht. Eine aktuelle von CARE International, dem „Institute for Environment and Human Security“ der Universität der Vereinten Nationen (UNU-EHS) und dem International Earth Science Information Network (CIESIN) der Columbia Universität verfasste Studie zu Klimawandel und Migration (2009) warnt vor Flüchtlingsbewegungen in bisher ungeahntem Ausmaß.

Klimaschutz geht uns alle an

Wir alle sind von den Folgen durch den Klimawandel betroffen – auch wenn die ärmeren Menschen in den Ländern des Südens die Hauptleidtragenden sein werden. Klimaschutz geht daher uns alle an. Gefordert sind wir als Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Politik und die Wirtschaft.
Besonders wichtig ist dabei eine ganzheitliche Sicht. Das heißt ein Blick auf unseren Lebensstil insgesamt. Mit einer einzelnen Maßnahme ist es nicht getan. Wer etwa sein Haus besser isoliert und so weniger Heizenergie verbraucht, spart Geld und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Werden die gesparten Kosten aber etwa für Flugreisen ausgegeben, ist der Klimaschutzeffekt wieder aufgehoben.

Ohnmacht entgegen wirken

Viele fühlen sich ohnmächtig angesichts der warnenden Berichte über die drohenden Gefahren durch einen Klimawandel. Was kann ich als Einzlne/r schon dagegen tun? Die Zweifel sind verständlich, aber doch zu entkräften. Wenn ein/e Einzelne/r sich umweltfreundlicher verhält, so bewirkt dies wenig. Doch wenn es viele Einzelne tun, dann ist die Wirkung groß. Dann können wir den Umschwung schaffen. Und: Vorbilder wirken ansteckend!

Das Richtige tun und von allen fordern

Wichtig ist zu bedenken, was mit welchen Maßnahmen erreicht werden kann. Häufig werden jene Dinge umgesetzt, die am leichtesten zu machen sind, nicht selten aber der Gewissensberuhigung dienen. Man spricht hier vom „Marmelade-Mallorca-Phänomen“: Mallorca-Urlauber beschweren sich aus Umweltschutzgründen, weil sie zum Frühstück Marmelade aus der Plastikpackung serviert bekommen und bedenken dabei nicht, dass durch ihre Flugreise bedeutend mehr CO2 emittiert wurde.
Es geht um die Summe der Spuren bzw. Treibhausgase, die wir durch unseren Lebensstil hinterlassen – also um unseren ökologischen Fußabdruck auf der Erde. Und es geht um die Summe der Spuren aller, d. h. um einen Wandel, an dem alle beteiligt werden. Letztlich muss der Schutz unserer Lebensgrundlagen zur neuen für alle Bürger gültigen Normalität werden, nicht nur das Anliegen einiger Umweltverantwortlicher.

Die größten Einsparpotenziale für Treibhausgase liegen in den Bereichen:

  • Wohnen: auf gute Wärmedämmung achten, Räume nicht überheizen, auf Biomasse- oder Fernwärme umsteigen, nur energiesparende Geräte verwenden, Standby-Betrieb unterbinden,
  • Mobilität: wenig oder gar nicht mit dem Auto fahren, zB zur Schule; die Eltern anregen, auf ein Niedrigverbrauchsauto umzusteigen
  • Ernährung: Fleisch nur in Maßen, das ist gesünder und spart auch Treibhausgase (denn Masttierhaltung ist energie- und CO2-intensiv)
  • Freizeit: wohldosierte Urlaubsreisen, sich auf das Abenteuer von Zugreisen einlassen, Flugzeugreisen meiden.
  • Konsum: da in allen Produkten, z. B. PCs, Handys usw. Herstellungsenergie steckt, macht es Sinn Produkte lange zu nutzen. Es muss nicht immer der neueste Schrei sein, der ohnedies rasch veraltet!

Drei Schritte für eine nachhaltige Energiezukunft:

1. Steigerung der Energieeffizienz:
Es gibt nicht nur in großen Industrieanlagen sondern auch in privaten Haushalten viele ungenützte Möglichkeiten Energien effizienter zu nutzen. Dies gilt nicht nur für die herkömmlichen EnergieträgerInnen Öl, Kohle und Gas sondern auch für Sonnen- und Windenergie, sowie anderen nachhaltigen Energien.

2. Drastische Senkung des Energieverbrauchs:
Hier ist es wieder wichtig von einem Pro-Kopf-Verbrauch auszugehen. Wenn man nämlich vom allgemein Verbrauch redet, liegt der Fokus vor allem auf Ländern wie China oder Indien. Bei Berücksichtigung des Pro-Kopf-Verbrauchs allerdings wird deutlich, dass China und Indien trotz drastischer Zuwachsraten, auch in den nächsten 30 Jahren im Mittelfeld oder im oberen Drittel der 192 UNO Staaten liegen werden, also nach wie vor weit hinter den USA und den EU-Staaten.

3. Umsteigen auf erneuerbare und umweltfreundliche EnergieträgerInnen:
Der effizienteste und deshalb wichtigste Punkt zum nachhaltigen Umgang im Energieverbrauch, ist der rasche Umstieg auf erneuerbare und umweltfreundliche Energieträger. Hierzu zählen vor allem die EnergieträgerInnen Sonne, Wind und Wasser. Da diese Energien bereits genutzt werden, sind keine großartigen zusätzlichen Weiterentwicklungen der Technologie notwendig.

Der Journalist Andreas Zumach meint dazu in einem Vortrag in Salzburg:

„Ob es uns gelingt, rechtzeitig und in weltweit ausreichendem Ausmaß den CO²-Ausstoß zu senken, ist eine Frage des politischen Willens. Das bedeutet, es bedarf des ausreichenden politischen Drucks auf die BürgerInnen in Ländern wie zum Beispiel Österreich oder Deutschland.“

Beispiel: Kirchliche Umweltinitiative Schweiz

Ein positives Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit Energieressourcen bildet die Kampagne von kirchlichen Umweltinitiativen der Schweiz. Die Kampagne hat zum einem zum Ziel, den Pro-Kopf-Verbrauch von 6000 Kilowatt auf 2000 zu senken und gleichzeitig zu verdeutlichen, dass durch diese Senkung nicht ebenso an der eigenen Lebensqualität eingespart werden muss. Ganz im Gegenteil, der sparsame und alternative Energieverbrauch ist in vielerlei Hinsicht sogar befriedigender. Auch andere Staaten haben sich solche Kampagnen zum Ziel gemacht, allerdings bisher ohne konkrete Strategien.

(red, hh)

Lesetipps und Links

www.oekonews.at

www.nachhaltigkeit.at

www.glocalist.com

www.klimaaktiv.at

www.eurosolar.org

www.care.at/de/projekte/klimawandel.html

Berhard Pötter: Tatort Klimawandel. Täter, Opfer und Profiteure einer globalen Revolution. Ökom, München, 2008.

Klaus Füsser: Bin ich eine Klimasau? Klima schützen und damit besser leben. Riemann, München 2008.

Klimaschutz praktisch. Tipps für klimafreundliches Alltagshandeln. Download:http://www.salzburg.gv.at/broschuere-klimaschutz.pdf

Hermann Scheer: Energieautonomie. Kunstmann, München 2003.

Christian Felber. 50 Vorschläge für eine gerechte Welt. Gegen Konzernmacht und Kapitalismus. Deuticke Verlag, Wien 2006

DVD: Himmel und Erde. Blickwechsel Nord-Süd, Teil 3. AV.Film Anne Voss/SF DRS/SWR/BR/OEZA; Schweiz 2003. Zu entlehnen bei www.baobab.at

Helga Kromp-Kolb, Herbert Formayer. Schwarzbuch Klimawandel. Wie viel Zeit bleibt uns noch? Ecowin Verlag, Salzburg 2005

Al Gore. Eine unbequeme Wahrheit. Die drohende Klimakatastrophe und was wir dagegen tun können. Riemann Verlag, München 2006

Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hg.) Von kalten Energiestrategien zu heißen Rohstoffkriegen? LitVerlag, Wien 2008

Quelle

Andreas Zumach im Vortrag „Öl ins Feuer“ am 6. November 2007, Salzburg