Tribunale

Die Schaffung sogenannter „Tribunale“ (Ad-hoc-Gerichte) beruht auf einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates mit verbindlicher Wirkung gegenüber allen Mitgliedsstaaten. Die Tribunale sind für die Aufarbeitung von Straftaten, die vor der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court ICC) 2002 begangen wurden, zuständig und  üben großen internationalen Einfluss aus.

Die in den Statuten definierten Straftaten begrenzen sich auf Völkermord, Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen, klammern aber das Verbrechen gegen den Frieden aus. Die Tribunale können in die Gerichtshoheit von Staaten, beispielsweise des ehemaligen Jugoslawiens und Ruandas, eingreifen, wenn sie es für gerechtfertigt halten.

Ad-hoc-Gerichte können in jedem Staat Ermittlungen durchführen und von nationalen Gerichten abgeschlossene Verfahren wieder aufnehmen, falls sie der Ansicht sind, dass diese nicht korrekt durchgeführt wurden. Weiters können sie die Auslieferung von StaatsbürgerInnen des ersuchten Landes verlangen und sich in schwebende Verfahren einschalten.

Zum Beispiel: Internationales Tribunal für das ehemalige Jugoslawien

Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien mit Sitz in Den Haag wurde durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrates 1993 gegründet. Die Aufgabe des Gerichts bestand darin, die Ahndung aller Verbrechen, die in Ex-Jugoslawien während des Jugoslawien- bzw. des Kosovo-Krieges seit 1991 begangen worden sind, zu vollziehen. Durch dieses Tribunal wurden die Morde in Srebrenica als Völkermord klassifiziert. Das Mandat des Tribunals endete 2017.

Einer der prominentesten Häftlinge dieses Tribunals war Slobodan Milosevic, der erste Präsident, der noch während seiner Amtsausübung wegen Völkermordes angeklagt wurde. Er verstarb jedoch während des vierjährigen Prozesses in Den Haag (2002-2006), sodass kein Urteil verkündet wurde.

Nach jahrelanger Flucht konnten Goran Hadzic und Ratko Mladic festgenommen werden. Ratko Mladic wurde am 26. Mai 2011 in Serbien festgenommen und am 31.Mai 2011 dem Tribunal überstellt. Er wurde wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt und am 22. November 2017 zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihm werden vor allem die Taten in Sarajevo und Srebrenica zur Last gelegt. 

Goran Hadzic wurde am 20 Juli 2011 verhaftet. Der ehemalige Präsident der selbsternannten serbischen Republik Krajina, wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt. Hadzic war der letzte flüchtige Kriegsverbrecher, der vom Tribunal gesucht wurde. Hadzic starb am 12.Juli 2016 an einer langjährigen Erkrankung, sodass der Prozess gegen ihn eingestellt werden musste.

2010 kam es zum medialen Wiederaufleben des Prozesses gegen Radovan Karadzic. Er wurde wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt. Seit der ersten Anhörung Karadzics durch das Tribunal, verstand es dieser, die Urteilsfindung künstlich in die Länge zu ziehen.

Radovan Karadzic wurde unter anderem angeklagt wegen:

  • Völkermord: welchen er selbst begangen, geplant, angeordnet und/oder begünstigt hat, gegen einen Teil der bosnischen Muslime und/ oder bosnischen Kroaten. Ziel dieses Völkermordes war es die Republika Srpska (eine serbische Entität auf dem Gebiet Bosnien und Herzegowinas) von bosnischen Muslimen und bosnischen Kroaten zu „reinigen“
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Verfolgung, Mord, Deportation, unmenschliche Verbrechen und Auslöschung von bosnischen Muslimen, und/ oder bosnischen Kroaten in den folgenden Städten: Banja Luka, Bijeljina, Bosanski Novi, Bratunac, Brčko, Foča, Hadžići,Ilidža, Ključ, Novi Grad, Novo Sarajevo, Pale, Prijedor, Rogatica, Sanski Most, Sokolac, Višegrad,Vlasenica, Vogošća und Zvornik. Auch wird er als Hauptverantwortlicher des Verbrechens in Srebrenica genannt.
  • Kriegsverbrechen: Zwischen 1992 und 1995 war Karadzic Teil einer Militäroperation deren Ziel es war, die Bewohner von Sarajevo zu terrorisieren.

Am 26.Oktober 2009 begann das Tribunal mit der Anklage gegen Karadzic. Er war zur Anhörung nicht anwesend, er gab an, nicht genug Zeit gehabt zu haben um sich vorzubereiten und um eine Verteidigungsstrategie aufzubauen. Im November 2010 wurde Karadzic Durchsicht der Akten gestattet. Dadurch wurde das Urteil durch diesen weiter hinausgezögert. Am 24. März 2016 wurde er letztendlich zu insgesamt 40 Jahren Haft verurteilt.

Ante Gotovina und Mladen Markac wurden beide wegen Kriegsverbrechen an serbischen Zivilisten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Jahr 1995 verurteilt. Gotovina wurde für die Gräueltaten, die unter der „Operation Sturm“ bekannt wurden, deren Befehlshaber er war, verantwortlich gemacht. Obwohl sie im April zu jeweils 24 (Gotovina) und 18 Jahren Haft verurteilt worden sind, wurden sie im November 2012 freigesprochen. Der Mitangeklagte Ivan Cermak wurde am 15. April 2011 freigesprochen.

(red)

Quellen, Links und Lesetipps:

Resolution 1966 – PDF (abgerufen am 13.02.2018)

United Nations: International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia – offizielle website (abgerufen am 13.02.2018)

United Nations: Fallinformation – Radovan Karadzic – PDF (abgerufen am 13.02.2018)

United Nations: Fallinformation – Goran Hadzic – PDF (abgerufen am 13.02.2018)

United Nations: Fallinformation – Mladic -PDF (abgerufen am 13.02.2018)

United Nations: Fallbeispiel -Gotovina -PDF  (abgerufen am 13.02.2018)

Bildquelle: ICTY – Internationales Tribunal für das ehemalige Jugoslawien (abgerufen am 13.02.2018)