Rüstungskontrolle
Rüstungskontrolle muss in einem umfassenderen Zusammenhang gesehen werden. Es beginnt mit vertrauensbildenden Maßnahmen wie dem KSZE/OSZE-Prozess (ab 1991, Konferenz bzw. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) oder mit dem „Treaty on Open Skies“, dem Vertrag über den Offenen Himmel (1992), in dem es um Transparenz in Streitkräfte- und Sicherheitsfragen geht.
Rüstungskontrolle betrifft aber auch nationale und internationale Rechtsnormen für Waffenhandel und Kontrolle sensibler Güter oder Materialien sowie die Verhinderung von Weitergabe von Wissen, Plänen oder Mittel zum Bau von Massenvernichtungswaffen.
Hier im Überblick einige Initiativen und Organisationen:
- Environmental Modification-Convention (ENMOD-C): Verbot der Umweltkriegsführung (1977 in Kraft seit 5.10.1978),
Verbot der Entwicklung und Anwendung von umweltverändernden Techniken zu feindseligen Zwecken - Missile Technology Control Regime (MTCR) – Raketen-Technologie-Kontroll-Regime:
… ist ein Mitte der 80er Jahre gestarteter Versuch, die Verbreitung der Raketentechnologie als Trägermittel für Massenvernichtungswaffen zu verhindern, was aber nur teilweise umgesetzt werden konnte. Damit in Zusammenhang steht
„The Hague Code of Conduct against the Proliferation of Ballistic Missiles“ (HCOC), der Haager Verhaltenskodex zur Verhinderung der Verbreitung ballistischer Raketen (2002):
Mulitlaterales Kontrollabkommen mit 127 Unterzeichnerstaaten, Versuch einer internationalen Regelung für den Bereich der Trägermittel von Massenvernichtungswaffen mit Verifikationsregime und vertrauensbildenden Maßnahmen (z. B. Bekanntgabe von Testraketen-Starts) - EU-Verhalteskodex für Rüstungsexporte in Drittländer:
Bestreben nach einem EU-weiten gemeinsamen Verhaltenskodex für möglichst einheitliche Genehmigungskriterien für Rüstungsexporte der Mitgliedsstaaten, die Beachtung von Embargomaßnahmen, die Berücksichtigung der Menschenrechtslage und von entwicklungspolitischen Einwänden in den Empfängerländern sowie die Vorlage nationaler Rüstungsexportberichte - Das Wassenaar-Arrangement (1996) als Nachfolger des sog. COCOM-Regimes (Coordinating Commitee on Multilaterial Export Controls): COCOM war in der Zeit des Kalten Krieges die westliche Kontrollinstanz zur Bewilligung bzw. Verhinderung von Exporten sensibler Güter in den Ostblock. Die Aufgaben des derzeit 40 Staaten umfassenden Abkommens mit Sitz in Wien sind heute die Vermeidung destabilisierender Ansammlungen konventioneller Waffen und doppelverwendungsfähiger (Dual-Use) Produkte und Technologien.
- Register der Vereinten Nationen für Konventionelle Waffen (1991/92):
Über 100 Staaten teilen der UNO Daten ihrer Waffengeschäfte in den sieben vorgesehenen Kategorien auf freiwilliger Basis zur besseren Transparenz mit. Qualität, Umfang und Vollständigkeit der Angaben sind oft unzulänglich. - Die Organisation zur Überwachung des Atomteststopp-Vertrages (CTBTO) mit Sitz in Wien (1996):
Derzeit 178 Unterzeichner (davon 144 ratifiziert); die Behörde kann erst dann ihre offizielle Tätigkeit aufnehmen, wenn 44 namentlich genannte Atom-Staaten ratifiziert haben (derzeit 41 Unterzeichner und 35 dieser Staaten haben ratifiziert).
Die Aufgabe der Organisation ist die zweifelsfreie Feststellung von neuerlichen Atomwaffen-Versuchen unter Abgrenzung natürlicher seismischer Ereignisse (Erdbeben). Dazu besteht ein voll funktionsfähiges Netz von über 321 weltweit verteilten Überwachungsstationen, 16 Radionuklid-Labors und einem Datenzentrum zur Auswertung. - Die Internationale Atom-Energie-Organisation (IAEO) mit Sitz in Wien – Nichtverbreitungsvertrag (1968 in Kraft 1970) mit 189 Vertragsstaaten:
Aufgabe der Behörde ist die Stärkung der nuklearen Sicherheit, die Förderung der friedlichen Atom-Nutzung und die Kontrolle des weltweit zirkulierenden Nuklearmaterials. Die Mitgliedsstaaten sind angehalten, sog. Kontrollabkommen (Safeguards-Agreements) abzuschließen, um eine Verbreitung von Atomwaffen und deren materiellen Voraussetzungen rechtzeitig zu verhindern. Es wird darauf gedrängt, dass die Staaten den angemeldeten wie den unangemeldeten Zugang zu ihren Atomanlagen gewähren. In mehreren kerntechnischen Labors (eines davon in Wien-Seibersdorf) werden verdächtige Proben untersucht und verglichen, um ein mögliches Lieferland zu ermitteln. Die IAEO und ihr Direktor Mohamed ElBaradei haben 2005 den Friedensnobelpreis erhalten. Wegen ihrer Rolle bei der zivilen Nutzung der Kernenergie hat dies zu kontroversen Diskussionen geführt. (ms)
Links und Lesetipps:
Informationsstelle Militarisierung e.V.
AG Friedensforschung Universität Kassel
Harald Müller, Nilas Schörnig. Rüstungsdynamik und Rüstungskontrolle. Eine exemplarische Einführung in die internationalen Beziehungen. Nomos – Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2006
Bildquelle: commons.wikimedia.org