Sierra Leone

Das westafrikanische Sierra Leone ist im Verhältnis zur Größe des Landes das diamantenreichste der Welt. Seit der Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft 1961 befand sich die Macht in den Händen von Landlords, die exklusiv vom Diamantenreichtum profitierten und die Bevölkerungsmehrheit kaum daran teilhaben ließen. Ab 1989 unterstützte der liberianische Präsident Charles Taylor die Rebellenorganisation „Revolutionary United Front“ (Revolutionäre Einheitsfront – RUF) im Osten Sierra Leones in deren Kampf gegen die Regierung. Sein Ziel war die Kontrolle über die reichen Diamantenvorkommen des Nachbarlandes. Die RUF konnte aufgrund dieser Unterstützung bald weite Teile Sierra Leones erobern. In den von ihnen kontrollierten Gebieten wurden die Menschen gezwungen, in den Diamantenfeldern zu arbeiten (überwiegend wurden sie aus Flüssen gewaschen). Die so durch Sklavenarbeit gewonnenen Rohdiamanten wurden an internationale Konzerne wie zum Beispiel De Beers verkauft.

Zwischen 1995 und 2000 verzehnfachte sich so der Export von Diamanten aus Sierra Leone. Damit finanzierte die RUF die Ausrüstung ihrer Armee, die zu weiten Teilen aus KindersoldatInnen bestand. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden ganze Waffenarsenale von WaffenhändlerInnen in die Bürgerkriegsgebiete Westafrikas transportiert. Die über 23.000 KindersoldatInnen im Dienst der RUF wurden vor allem mit aus der Ukraine geschmuggelten AK47 und AK74 ausgerüstet. Die Regierung Sierra Leones bezahlte ihrerseits südafrikanische und britische SöldnerInnenarmeen wie „Sandline International“ zum Kampf gegen die RUF.

Beim G8-Gipfel in Köln 1999 einigten sich die führenden Industrienationen und Diamantenkonzerne auf eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ keine Steine mehr aus Kriegsgebieten zu kaufen. Die Folge dieses Abkommens war aber nur, dass die in den Schürfgebieten Sierra Leones geförderten Diamanten nach Liberia geschmuggelt wurden. De Beers handelte deshalb ab 1999 offiziell mit Diamanten „aus Liberia“ obwohl dieses Land selbst praktisch keine Diamantenvorkommen hat.

Als die Verbindungen von Diamantenkonzernen, WaffenhändlerInnen und Bürgerkrieg bekannt wurden, stand De Beers unter dem starkem öffentlichen Druck, keine Blutdiamanten mehr zu kaufen. Das kostete den RebellInnen die finanzielle Basis und bereitete den Sieg der Regierung im Bürgerkrieg vor. Offiziell endete der Krieg am 18. Januar 2002, zwei Tage nach der Installierung des internationalen Strafgerichtshofs für Sierra Leone.

Etwa 200.000 Menschen kamen im Bürgerkrieg ums Leben. (jr)

Quellen, Links und Lesetipps

Wikipedia: Bürgerkrieg in Sierra Leone (zuletzt abgerufen am 18.4.2018)

SCSL: Third Annual Report of the President of the Special Court for Sierra Leone. January 2005 to January 2006. (PDF: 19,2 MB) (Link nicht mehr funktionstüchtig)

Bildquelle: Flickr

Filmtipps:

Blood Diamond (2006)

Lord of War – Händler des Todes (2005)

Für mehr Informationen im Internet:

A long way gone (Erinnerungen eines Kindersoldaten aus Sierra Leone; englisch):www.alongwaygone.com/index.html

Cry Freetown (Informationen über Blutdiamanten): www.cryfreetown.org

Control Arms (Informationen über internationalen Waffenhandel): www.controlarms.org

(Links wurden zuletzt am 18.4.2018 abgerufen)