Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Umwelt

Der Krieg in der Ukraine hat verheerende Effekte auf die Umwelt. Denn nicht nur die Menschen leiden in der Ukraine unter dem Krieg, auch die Pflanzen und Tiere sind negativ betroffen. Dies wird u.a. durch die Zerstörung des Kachowka-Staudammes im Jahr 2023 sichtbar. Auch die nukleare Gefahr, wie etwa durch die Beschießungen des Atomkraftwerkes in Saporischschja, ist allgegenwärtig. Zudem führt der Krieg zu einem enormen Verbrauch von Treibhausgasen. Eine Verurteilung Russlands vor dem internationalen Strafgericht wird zwar von der Ukraine angestrebt, doch ist dies aufgrund der formalen Kriterien eine Hürde.

 

Eine riesige Menge an CO₂-Emissionen

Überflutung durch die Zerstörung des Kachowka-Staudammes

Der Ukraine-Krieg hat einen stark negativen Effekt auf das Weltklima. So ergab eine Studie im Jahr 2024, dass der jährliche CO₂-Ausstoß in etwa gleich hoch ist wie jener der Niederlande bzw. so hoch ist wie die Nutzung von 90 Millionen Autos. Die Emissionen setzten sich, laut der Studie, folgendermaßen zusammen:

  • Circa ein Drittel der Emissionen, die durch den Ukraine-Krieg entstehen werden, werden von Wiederaufbau-Maßnahmen kommen. So sind etwa Stahl und Beton, die für die Wiedererrichtung der Gebäude und Infrastruktur verwendet werden, energieintensiv.
  • An zweiter Stelle der Emissionsquellen stehen die eigentlichen Kriegshandlungen, die im Jahr 2024 mit 51,6 Millionen Tonnen CO₂ beziffert werden und somit 29% der Emissionen verursachen. Ein Großteil hiervon lässt sich auf die Milliarden Liter an Treibstoff zurückführen, die z.B. an der Front für militärische Fahrzeuge benutzt werden. Aber auch die Belastung durch die Produktion und dem Einsatz von Artillerie, Munition, Granaten, Bomben oder Minen tragen zu erhöhten Treibhausgasemissionen bei.
  • 14 Prozent der Emissionen entstehen im zivilen Luftverkehr aufgrund von gesperrten Lufträumen in Russland, Belarus und der Ukraine, wodurch Fluggesellschaften Umwege fliegen müssen.
  • 13 Prozent der Emissionen fallen auf jene Treibhausgase zurück, die durch kriegsbedingte Brände und Angriffe auf die Energieinfrastruktur (z.B. Nord Stream Pipelines) entstehen.
  • Nicht miteinberechnet sind Emissionen, die durch die weltweite militärische Aufrüstung infolge des Ukraine-Krieges entstanden sind.

Zusammengerechnet geht man von einem Schaden aus, der mehrere Milliarden Euro ausmacht.

 

Zerstörung des Kachowka-Staudamms

Von den ukrainischen Ministerien wurden im Jahr 2024 mehr als 5.000 Fälle von Umweltzerstörungen festgehalten, die zusammengenommen einen Schaden von 57 Milliarden Euro ausmachen. Ein Fall, der dabei besonders hervorsticht, ist die Zerstörung des Kachowka-Staudammes durch Russland am 6. Juni 2023. 80 Städte und Dörfer, die hunderttausend Menschen umfassten, wurden über Nacht überflutet.

Auch die Pflanzen- und Tierwelt wurden in der Ukraine, dem Staat mit der höchsten Biodiversität Europas, hierdurch stark getroffen. So wurden zahlreiche Nationalparks und Schutzgebiete überflutet und mindestens elf Schutzgebiete waren von Austrocknung gefährdet. Der Salzwassergehalt im Schwarzen Meer wurde verdünnt, was ebenfalls einen Einfluss auf die Artenwelt hat. Zudem gelangten durch die Überflutung von Chemiefabriken, Öl- und Düngemittellager schädliche Stoffe in den Boden, der hierdurch verseucht wurde. Auch traten 600 Tonnen Öl aus dem Staudamm aus, die einen Ölteppich von 100.000 m² bildeten. Darüber hinaus wurden Radionuklide von Zeiten des Reaktorunfalls in Tschernobyl neu aufgewirbelt. All diese schädlichen Substanzen gelangen somit ins Grundwasser und in die Pflanzen, wodurch Menschen als auch Tiere vergiftet werden.

Der Staudamm war zudem für die Wasserversorgung essenziell, u.a. für etwa für Cherson oder die Krim. Durch dessen Zerstörung verloren eine Millionen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zudem wurden fast 600.000 Hektar Agrarflächen – und damit auch die „Kornkammer“ der Ukraine – mit diesem Wasser bewässert. Mit dem Ausbleiben diese Wasserquelle warnten Expert*innen vor der Bildung von Wüsten und der Zerstörung von wesentlichen Agrarflächen für die Nahrungsmittelproduktion.

Der Wiederaufbau des Staudamms wird ein Jahrzehnt dauern und dabei vermutlich mehr als eine Milliarde US-Dollar kosten. Der Gesamtschaden an sich belauft sich, laut Aussagen der ukrainischen Regierung im Jahr 2024, auf 13 Milliarden Euro.

 

Atomkraftwerk Saporischschja

Das Atomkraftwerk in Saporischschja ist seit dem Beginn des Krieges von Russland besetzt. Zwar wurden die Reaktoren aufgrund von Sicherheitsbedenken 2022 heruntergefahren, doch müssen diese immer noch gekühlt werden. Jedoch wird von russischer Seite im Zuge des Krieges immer wieder die Energieinfrastruktur angegriffen, was die Energieversorgung der AKWs gefährdet. Die internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) warnt daher stetig vor einem potenziellen nuklearen Unfall.

Zusätzlich sind die Sicherheitsvorkehrungen seit der russischen Einnahme stark verringert worden, was die Sicherheit ebenfalls gefährdet. Auch kommt es zu Kriegshandlungen in der unmittelbaren Umgebung des AKWs Saporischschja, was die Gefahrenlage erhöht.

Im Falle eines Atomunfalls bzw. einer nuklearen Katastrophe in Saporischschja, welches das größte AKW Europas ist, wären zahlreiche europäische Länder gefährdet. Diese atomare Bedrohung ist also, neben den Drohungen Putins eventuell eine Atombombe zu zünden, zu beachten. Auch der Umstand, dass die russische Armee mit ihren Panzern die Böden und damit auch radioaktive Teilchen rund um das AKW in Tschernobyl wieder aufwühlte, gilt als Umweltgefahr.

 

Verurteilung als Kriegsverbrechen?

Die Ukraine sammelt seit 2024 Beweise, um die Fälle von Umweltzerstörungen an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu bringen, sodass Russland aufgrund der Verübung von Kriegsverbrechen verurteilt werden könnte.

Bisher wurde jedoch noch kein Land aufgrund von Umweltzerstörungen im Sinne des Kriegsverbrechen-Verfahrens verurteilt. Das hat mit der Definition bzw. den formalen Kriterien zu tun, wonach in zehn Jahren immer noch eine messbare Umweltzerstörung vorliegen muss. In vergangenen Kriegen, wie dem Golfkrieg zwischen dem Irak und Kuwait, konnte dies jedoch aufgrund der fehlenden technischen Möglichkeiten nicht nachgewiesen werden.

Heutzutage sind die wissenschaftlichen Mittel besser sind und damit eine Verurteilung, wie im Falle des Kachowka-Staudammes, wahrscheinlicher. Dies wäre ein Moment, der bahnbrechend im Bereich des Umweltrechtes sein würde.

Allerdings sind die genauen rechtlichen Auswirkungen eines solchen Urteils unklar. Denn schließlich ist Russland kein Mitglied des Rom-Statutes, was die vertragliche Basis des IStGH darstellt, und erkennt Urteile des internationalen Strafgerichts nicht an.

(red) (Stand: Jänner 2025)

 

Links und Lesetipps

Brüning, Reinhart (2023a). Atomkraftwerke im Krieg. „Verfall der Sicherheitskultur“ (abgerufen am 18.11.2024)

Brüning, Reinhart (2023b). Angriffe auf Stromnetz. Tschernobyl und die große Gefahr im Krieg (abgerufen am 18.11.2024)

Greenpeace (2022). Environmental damage in Ukraine during the full scale war, 2022 (abgerufen am 18.11.2024)

Kästner, Sven (2022). Krieg in der Ukraine. Russland zerstört auch die Natur (abgerufen am 18.11.2024)

Mandalka, Torsten (2024). Reparationsforderungen. Die Klimafolgen des Krieges in der Ukraine (abgerufen am 18.11.2024)

Mandalka, Torsten (2023). Klimafolgen des Ukraine-Kriegs. Russland soll für Umweltzerstörung zahlen (abgerufen am 18.11.2024)

ORF Topos (2024). Ukraine-Krieg. Umweltschutz unter Lebensgefahr (abgerufen am 18.11.2024)

Schauenberg, Tim (2024). Könnte Russland für Umweltkriegsverbrechen angeklagt werden? (abgerufen am 18.11.2024)

 

Quellen

Brüning, Reinhart (2023a). Atomkraftwerke im Krieg. „Verfall der Sicherheitskultur“ (abgerufen am 18.11.2024)

Brüning, Reinhart (2023b). Angriffe auf Stromnetz. Tschernobyl und die große Gefahr im Krieg (abgerufen am 18.11.2024)

Bundeszentrale für politische Bildung (2023). Statistik: Statistiken zu Umweltschäden (abgerufen am 18.11.2024)

Fuchs, Sarah/Kolkmann, Birgit (2022). Verseuchte Böden und Flüsse. Enorme Umweltschäden durch den Krieg in der Ukraine (abgerufen am 18.11.2024)

Hohmann, Laura/Hugo, Mark (2023). Umweltschäden in der Ukraine. Krieg gegen die Umwelt (abgerufen am 18.11.2024)

Klein, Oliver /Schneider, Jan (2024). Geheimdienstberichte enthüllen. Wie gefährlich sind Putins Atomdrohungen? (abgerufen am 18.11.2024)

Mandalka, Torsten (2024). Reparationsforderungen. Die Klimafolgen des Krieges in der Ukraine (abgerufen am 18.11.2024)

Mandalka, Torsten (2023). Klimafolgen des Ukraine-Kriegs. Russland soll für Umweltzerstörung zahlen (abgerufen am 18.11.2024)

Mijnssen, Ivo (2023). Im Krieg sehnen sich die Arbeiter von Tschernobyl nach Normalität (abgerufen am 18.11.2024)

ORF Topos (2024). Ukraine-Krieg. Umweltschutz unter Lebensgefahr (abgerufen am 18.11.2024)

Petzold, Ingmar (2023). Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms (abgerufen am 18.11.2024)

Schauenberg, Tim (2024). Könnte Russland für Umweltkriegsverbrechen angeklagt werden? (abgerufen am 18.11.2024)

Schlung, Anouk (2024). CO2-Ausstoß so groß wie von EU-Land. Die erschreckende Klima-Bilanz von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine (abgerufen am 18.11.2024)

Stakhiv, Eugene/Demydenko, Andriy (2023). Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms (abgerufen am 18.11.2024)

Stein, Andreas/Mauder, Ulf (2024). Ein Jahr nach Staudamm-Katastrophe entwickelt sich neues Ökosystem (abgerufen am 18.11.2024)

Tagesschau (2024). Von Russland besetztes Kraftwerk. Kühlturm von AKW Saporischschja schwer beschädigt (abgerufen am 18.11.2024)

 

Bildquelle:

Wikimedia Commons (abgerufen am 18.11.2024)