Demografische Veränderungen

Als Demografie wird die Lehre von der Bevölkerungsentwicklung bezeichnet. Im Kriegsfall sterben mehr Menschen als in Friedenszeiten – und das nicht nur an unmittelbaren Folgen der Gewalt, sondern auch an Versorgungsmangel (Nahrung und Medikamente). Da in den meisten Kriegen, zumindest zu Beginn, überwiegend Soldaten sterben, das heißt meistens junge Männer, bedeutet das auch einen massiven Verlust von Arbeitskräften. Sowohl in Industriebetrieben als auch in der Landwirtschaft führt das zu einem Niedergang der Versorgung der Menschen mit Konsumgütern, was die Situation der Menschen noch einmal verschlimmert.

Aufgrund von Kriegen ziehen sich internationale Investoren zurück, was die wirtschaftliche Situation weiter verschärft. Viele Menschen, vor allem qualifizierte Fachkräfte, ziehen dieser Überlebenschance hinterher, in Länder mit besseren Perspektiven für ihr Leben, was eine weitere Verschärfung der wirtschaftlichen Situation des Landes zur Folge hat. Die Zerstörung der Wirtschaft im Rahmen eines Krieges ist für internationale Konzerne nicht immer unerwünscht, bietet sie doch in der Folge ein lukratives Investitionsfeld. Für die Bevölkerung aber sind die Folgen katastrophal. Ihnen ist oft die gesamte Lebensgrundlage genommen – die Anbauflächen und die Ernte zerstört, die Lager geplündert, die Fabriken in Schutt und Asche gelegt. Sie haben keine Arbeit und keine Perspektive auf Verbesserung. Viele, v. a. besser qualifizierte Menschen wandern daher aus oder flüchten.

Zum Beispiel: Ruanda

Parc National des Volcans, Rwanda. August 4, 2005. Children on a Rwandan farm. Anywhere you go in Rwanda, as soon as you pull out a camera a group of curious children will form to meet the strangers and shyly pose. These children lived on the mountainside farms we crossed on the first part of our trek to see the gorillas. Credit: by Sarel Kromer.

Seit den 1980ern tobte in Ruanda ein Bürgerkrieg. Er gipfelte in dem Völkermord der Hutus an den Tutsis im Jahre 1994. Der Völkermord war von langer Hand geplant. So wurden schon Monate zuvor Tausende Macheten zum Preis von 0,90 Dollar aus China importiert und an radikale Hutus verteilt. Im April 1994 war die Ermordung von Premierministerin Agathe Uwilingiyimana das Zeichen zum massenhaften Mord an Tutsis und gemäßigten Hutus durch die Milizen. Die Folge war, das innerhalb eines Jahres ca. eine Million Menschen ermordet wurden. Zwischen 250.000 und 500.000 Mädchen und Frauen wurden vergewaltigt und bis zu 70 Prozent von ihnen mit HIV infiziert. In den Flüchtlingslagern starben weitere geschätzte 40.000 Menschen an Cholera. Die RPF – die Rebellenarmee der Tutsis im benachbarten Burundi – eroberte bis zum April 1995 das Land und vertrieb ihrerseits über 600.000 Hutus in die Demokratische Republik Kongo.

Die Folgen für die Gesellschaft waren katastrophal. Heute sind 42,3 Prozent der Bevölkerung jünger als 14, das heißt noch nicht arbeitsfähig, was es der Regierung nach dem Ende von Bürgerkrieg und Völkermord praktisch unmöglich machte, die Wirtschaft wieder aufzubauen. Die bedeutendsten Vertreter der Intelligenz des Landes wurden ermordet bzw. sind geflohen. Im Land herrscht ein allgemeiner Mangel an Fachkräften, wie z. B. LehrerInnen, ÄrztInnen etc. Aids ist heute eine der Haupttodesursachen für Menschen in Ruanda; die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 47,3 Jahren. 60 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, 20 Prozent sogar unter der absoluten Armutsgrenze. Mit der Entvölkerung ganzer Landstriche und dem Auslöschen ganzer Gemeinden und Dörfer hat sich die Zusammensetzung der ruandischen Bevölkerung grundlegend verändert. Weite Teile des Landes sind heute nur noch sehr schwach bewohnt, da nur ein kleiner Teil der Vertriebenen nach dem Völkermord wieder zurückgekehrt ist.

Warum trotzdem viele in Ruanda einen Hoffnungsschimmer sehen, liegt in dem wirtschaftlichen Aufschwung der letzten Jahre. Unter anderem schaffte es die autoritär geführte Regierung von Präsident Paul Kagame, eine kostenlose Grundschulausbildung und Gesundheitsversorgung für die ruandischen BürgerInnen zur Verfügung zu stellen. Frauen können anders als in vielen anderen afrikanischen Staaten Grundbesitz erben und werden gezielt mit Mikrokrediten gefördert. Der Preis für all das sei aber sehr hoch, so seine KritikerInnen – kritische Medien wurden eingestellt, Oppositionelle ermordet. Dem Ausland spricht Paul Kagame „jedes Recht ab, am politischen System Ruandas Kritik zu üben. Eine Weltgesellschaft, die sehenden Auges einen Völkermord zugelassen habe, habe niemanden über Demokratie zu belehren“    (jr)

 

Links und Lesetipps

Völkermord Verhütung International – www.preventgenocide.org/de

DVD: Rwanda Rising. Regie: C.B. Hackworth. 2007.

Quellen

International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) – www.iiasa.ac.at

Committee for International Cooperation in National Research in Demography (CICRED) – www.cicred.org

Matteo Fagotto (2010): Der eiserne Griff. Ruanda wählt. Reise durch ein Land, in dem die Demokratie im Schatten des Völkermords steht. In: Die Zeit, Nr. 32, 05.08.2010, S.6.

Englische Wikipedia: Rwandan Genocide

Bildquelle: wikipedia

(die Links wurden zuletzt am 16.4.2018 abgerufen)