KriegsverbrecherInnen

KriegsverbrecherInnen sind Einzelpersonen (keine Staaten oder Militäreinheiten als Ganze), die schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts begangen haben.

Das sogenannte humanitäre Völkerrecht regelt, wie und mit welchen Mitteln Krieg geführt werden darf. Im Vordergrund stehen dabei die „Genfer Konventionen“ (1949) mit ihren beiden Zusatzprotokollen. Das Ziel des humanitären Völkerrechtes ist es, Zivilpersonen, Seelsorge- und Sanitätspersonal oder Personen, die nicht mehr an den Kampfhandlungen teilnehmen (Verwundete, Schiffbrüchige, Kranke oder Kriegsgefangene)  zu schützen. Das humanitäre Völkerrecht muss von allen am bewaffneten Konflikt teilnehmenden Einzelpersonen eingehalten werden.

Schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts werden als Kriegsverbrechen bezeichnet. Beispiele für Kriegsverbrechen sind: Hinrichtungen, Folter und unmenschliche Behandlung von Gefangenen, Vergewaltigung, Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Verschleppung der Zivilbevölkerung, Geiselnahme, der Einsatz von Kindersoldaten.

Am Beispiel: Goran Jelisic

Goran Jelisic wurde mit Anfang zwanzig in seiner nordbosnischen Heimatstadt zu drei Jahren Haft wegen Betrugs verurteilt. Jelisic war ein unsteter, schlecht bezahlter Arbeiter gewesen, der häufig die Jobs wechselte und nach dem Wehrdienst zu trinken begonnen hatte. Er saß jedoch nur ein paar Monate seiner Strafe ab, denn kurz vor Kriegsbeginn wurde er, wie zahlreiche andere Häftlinge, entlassen. Die Republika Srpska bot Kriminellen Amnestie, wenn sie sich im Gegenzug zum Kriegseinsatz verpflichteten.

Im Mai 1992 erschoss Goran Jelisic in sechzehn Tagen möglicherweise mehr als hundert Menschen, fast ausschließlich muslimische Gefangene. Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verhängte über ihn eine Haftstrafe von vierzig Jahren.

„Im Lager Luka zitterten sie, wenn sie seine Stimme hörten, denn sie bedeutete den Tod. Er wählte willkürlich die Opfer aus: ‚Du, du und du‘. Namen wurden nicht genannt, Beschuldigungen oder Strafen nicht ausgesprochen, nichts. Im voraus nahm er den Gefangenen Geld, Uhren und Schmuck ab. Oft schlug er sie. Dann mussten die Gefangenen hintereinander antreten. Jelisic verlangte von jedem, sich hinzuknien und den Kopf auf ein Abflussgitter zu legen. Dann versetzte er ihm zwei Genickschüsse mit einer schallgedämpften Pistole. Je größere Angst das Opfer hatte, desto mehr Freude hatte Jelisic am Töten.
Gefangene aus Luka, von denen einige vor dem Tribunal aussagten, erinnern sich, wie er einen großen starken kroatischen Häftling umbrachte. Zuerst schnitt er ihm ein Ohr ab. Dann brachte er ihn zurück zum Hangar, damit ihn die anderen sahen. Sein Ohr in der Hand, bat der Mann die Gefangenen ihn zu töten. Jelisic zog die Pistole und bot sie den Gefangenen an. Doch niemand meldete sich. Jelisic verhöhnte sie. Am Ende tötete er den hochgewachsenen Kroaten wie alle anderen.
Auf wen sein Finger zeigte, der durfte leben oder musste sterben. Er exekutierte Alte wie Junge. Er tötete eine achtzehnjährige Muslimin. Er brachte einen alten Mann um, wie er eine Wasserflasche hatte fallen lassen, und einen jungen Mann, weil er mit einer Serbin verheiratet war.
Zeuge B: ‚Ich glaube, er fand Vergnügen an dem, was er tat, weil er so mächtig war, weil er als Gott betrachtet wurde. Er hielt sich für die mächtigste Person der Welt, und dort war er es auch.‘ Zum ersten Mal in seinem kurzen Leben war dieser kleine Mann aus Bijeljina an die Macht gelangt. Ein Niemand, der plötzlich die absolute Gewalt ausübte. Er bekam eine Pistole und die Freiheit, sich ihrer zu bedienen. Es heißt, dass er aussah und sich benahm als stünde er unter Drogen. Und er stand tatsächlich unter Drogen, denn die unumschränkte Macht über Leben und Tod ist ja die stärkste Droge.“

(red)

Quellen, Links und Lesetipps

Yves Beigbeder (1999): Judging war criminals. The politics of international justice. New York: Basingstoke, Macmillan.

Slavenka Drakulic (2004): Keiner war dabei. Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht. Wien: Paul Zsolnay Verlag,

Ljiljana Heise (2009): KZ-Aufseherinnen vor Gericht. Greta Bösel – „another of those brutal types of women“? Frankfurt am Main/Wien u.a.: Lang.

Benedikt Mandl: „Ich bin kein Nazi-Jäger“. In: Spiegel. Veröffentlicht am 30.10. 2008. URL:http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,586861,00.html (Abgerufen am 30.11.2017).

www.trial-ch.org (Abgerufen am 30.11.2017).