Paramilitär

Das Phänomen des Paramilitarismus hat eine lange Tradition, nicht nur in lateinamerikanischen Ländern, sondern weltweit. Er dient den Oligarchen als Instrument, ihre Herrschaftsansprüche zu verteidigen und ihren Besitz zu vergrößern. In den 1960er und 1970er Jahren wurden paramilitärische Gruppen von den USA als Partner in der Aufstandsbekämpfung herangezogen, um den immer stärker werdenden linksgerichteten Guerilla-Organisationen und anderen unliebsamen sozialen Bewegungen Herr zu werden.

Begriffsbestimmung

Die Bezeichnung „Paramilitär“ leitet sich aus zwei Wörtern ab: Das griechische „para“ bedeutet „neben“ und das lateinische „miles“ steht für „Kämpfer“ oder „Soldat“. Bei den Paramilitärs handelt es sich um bewaffnete Truppen, die zwar nicht zur Staatsmacht gehören, aber ganz ähnlich organisiert sind und praktisch „neben“ dem offiziellen Militär agieren, oftmals im rechtsfreien Raum und in Zusammenarbeit mit der staatlichen Streitmacht.

Formen und Phasen des Paramilitarismus

Es lassen sich drei grundlegende Strukturen des Paramilitarismus unterscheiden:

  • Die „Autodefensas“ (in Kolumbien) nehmen sich als Selbstverteidigungsgruppen wahr. Ihr Ziel ist die Einschüchterung der örtlichen Bevölkerung. Die Menschen werden durch Androhung und auch Durchführung von Massakern entweder zur Kooperation gezwungen oder aus ihrer Heimat vertrieben. KollaborateurInnen werden mit einem stattlichen Gehalt und anderen Begünstigungen belohnt. Häufig arbeiten die „Autodefensas“ eng mit den staatlichen Sicherheitskräften zusammen, etwa auf gemeinsamen Patrouillen oder durch die gemeinsame Benützung von Militärbasen.
  • Die zweite Gruppe besteht aus angeheuerten Kriminellen, die für Militär und Geheimdienst unliebsame Aufgaben, wie politisch motivierte außergerichtliche Hinrichtungen, erledigen. Sie operieren vor allem im städtischen Bereich.
  • Mit wachsender Macht kommt es schließlich zu einer Verselbstständigung der Paramilitärs, die in diesem Stadium zwar immer noch mit der Armee kooperieren, aber keine Rechenschaft für ihre Taten mehr ablegen müssen.

Paramilitärische Projekte durchlaufen vier Entstehungsphasen

  • Zu Beginn steht der Terror in einer bestimmten Region. Die Zivilbevölkerung wird mit Gewalt, Vertreibung und Massakern so weit eingeschüchtert, dass die Menschen aus ihrer Heimat flüchten, woraufhin sich die Paramilitärs die verlassenen Ländereien, oftmals Orte von hoher strategischer Bedeutung, aneignen.
  • Haben sich die Paramilitärs in einer Region erst einmal als alleinige Ordnungsmacht etabliert, werden außergerichtliche Hinrichtungen „nur“ mehr an den restlichen, noch verbliebenen AkteurInnen sozialer Bewegungen vorgenommen. In dieser Phase ist es den Paramilitärs möglich, sich eine substanzielle ökonomische Basis aufzubauen.
  • Nach der Etablierung als alleinige militärische und zivile Ordnungsmacht wächst der Einfluss der Paramilitärs bis in soziale, wirtschaftliche und kulturelle Bereiche hinein.
  • Zuletzt kommt es schließlich zu einer totalen Kontrolle des öffentlichen Lebens, die einer permanenten bewaffneten Präsenz gar nicht mehr bedarf. (dp)

Quellen

Werner Hörtner: Kolumbien Verstehen. Geschichte und Gegenwart eines zerrissenen Landes. Zürich: Rotpunktverlag, 2006.

Wikipedia: Paramilitär.