Präemptivkrieg

Ein präemptiver Krieg beabsichtigt, „unmittelbare bevorstehende Gefahren zu bekämpfen, wenn ein Akteur glaubt zu antizipieren, was ein anderer Akteur zu tun beabsichtigt.“ Die Präemption reagiert „auf eine direkte, unmittelbare und spezifische Bedrohung, die sofort beseitig werden muss“, so der Politikwissenschafter Heinz Gärtner.

Militärstrategisch gesprochen ist ein Präemptiver Krieg ein „bewaffneter Konflikt, der aufgrund der gesamtpolitischen und militärstrategischen Beurteilung der Lage von der bedrohten Seite durch Angriff begonnen wird, weil ein gegnerischer Angriff unmittelbar bevorzustehen droht oder erkannt ist und der Bedrohte mit einem Angriff auf militärische Vorteile hofft“, so Meier, Nelte und Huhn in ihrem „Wörterbuch zur Sicherheitspolitik“.

Der Sicherheitsrat der UNO hat die „Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ (Artikel 24 der UN-Charta). Die Staaten haben allerdings im Falle eines bewaffneten Angriffs „das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“ mit dem wichtigen Zusatz „bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“ (Artikel 51 der UN-Charta). Die Maßnahmen zur Selbstverteidigung sind dem Sicherheitsrat sofort zu melden. In der Praxis können die Begriffe Präventivkrieg und Präemptivkrieg oftmals nicht exakt getrennt und bestimmt werden. Auch die Unterscheidung zwischen einem Angriffskrieg und einem Präemptivkrieg ist eine Frage der Rechtmäßigkeit und Glaubwürdigkeit der Motive. Präemptive Militärschläge sind politisch und rechtlich oftmals leichter zu rechtfertigen als Präventionskriege. Zahlreiche Fragen werfen sich auf: Wie weit darf Selbstverteidigung gehen? Wer entscheidet legitim darüber? Welche Belege sind glaubhaft? Was bedeutet ein Zuwiderhandeln?

Die Berufung der USA auf die Selbstverteidigung nach den Terroranschlägen vom 11.9.2001 war umstritten. Darf Selbstverteidigung nach einem bewaffneten Anschlag erfolgen? Gegen wen und wo vorgehen, wenn kein Staat für den Angriff die Verantwortung übernimmt?

Text: Thomas Roithner

Zum Beispiel: Irak

Im März 2003 begann eine von den USA geführte Staatenkoalition die Invasion des Irak. Dieser Schritt erfolgte ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrates und war daher völkerrechtswidrig. Die Kämpfe zwischen den Armeen endeten nach etwa vier Wochen. Seither sind Truppen der Koalition im Irak stationiert, die irakische Armee wurde aufgelöst und ihre Mitglieder entlassen. Der Irak sollte neu strukturiert und wiederaufgebaut werden.

In der Folge entbrannte jedoch im Irak ein unübersichtlicher Bürgerkrieg mit einer Vielzahl von Bürgerkriegsparteien, die häufig ausländische Unterstützung erhalten haben sollen. Das Gewaltmonopol des Staates zerbrach, zumal die staatlichen Ordnungsstrukturen als schwach und teilweise parteiisch angesehen wurden. Darüber hinaus beschädigte der Machtmissbrauch durch ausländische Truppen (http://de.wikipedia.org/wiki/Abu-Ghuraib-Skandal) die Glaubwürdigkeit der Staatenkoalition und reduzierte die noch vorhandene öffentliche und politische Unterstützung für diesen Krieg. Der schrittweise Abzug der ausländischen Truppen soll im Jahre 2012 abgeschlossen sein.
Über die Beweggründe der USA zu diesem Krieg gibt es zahlreiche Theorien und umfangreiche Literatur. (rc)

Links und Literaturtipps

www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Voelkerrecht/arnswald.html

Wikipedia: Irak-Krieg

www.eusec.org/cepsiiss.htm

USA-Irak-Konflikt

Peace in and with Iraq

Meier Ernst-Christoph, Nelte Klaus-Michael, Huhn Walter: Wörterbuch zur Sicherheitspolitik, 7. Auflage, Mittler & Sohn, Hamburg – Berlin – Bonn 2008, S. 226.

Quellen

Gärtner Heinz: Internationale Sicherheit. Definitionen von A – Z, 2. Auflage, Baden-
Baden 2008, S. 185.

Meier Ernst-Christoph, Nelte Klaus-Michael, Huhn Walter: Wörterbuch zur
Sicherheitspolitik, 7. Auflage, Mittler & Sohn, Hamburg – Berlin – Bonn 2008, S. 226.