Staatsterror

Ob der von Staaten selbst verübte Terror Staatsterrorismus genannt werden kann, ist sehr umstritten, auch weil diese Definition immer auch ideologisch behaftet ist.

Der Begriff „Staatsterrorismus“ ist vielfach nicht als Rechtsbegriff verankert, mit der Begründung, die Handlung von Staaten unterliegen so oder so dem humanitären Völkerrecht und dem System der Menschenrechte. Auch der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan meinte 2005: „Wir müssen nicht darüber streiten, ob Staaten sich des Terrorismus schuldig machen können, weil das Völkerrecht es bereits klar verbietet, dass Staaten ihre Waffen vorsätzlich gegen Zivilisten einsetzten.“ (Übersetzung Deutscher Bundestag)

Auf der anderen Seite haben die meisten Staaten, die sich jetzt für den „Kampf gegen den Terrorismus“ einsetzen, selbst schon rechtswidrige Gewalt als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer Belange benutzt. „Versteht man unter Terrorismus die widerrechtliche Anwendung von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele, so fallen dem Staatsterrorismus weit mehr Menschen zum Opfer als terroristischen Vereinigungen …“

Unter dem Begriff „Staatsterrorismus“ wird häufig auch der von Staaten unterstütze Terrorismus genannt. Verschiedene Länder machen z. B. den libyschen Geheimdienst für den Bombenanschlag auf ein Verkehrsflugzeug der amerikanischen Fluglinie „Pan American World Airways“ über Lockerbie (Schottland) am 21. Dezember 1988 verantwortlich.

Es hat Sinn, den Begriff des „Staatsterrors“ zu verwenden, da Terror die staatliche Schreckensherrschaft (von oben herab) und die Unterdrückung der Opposition bezeichnet, während Staatsterrorismus als Widerspruch in sich gesehen werden kann.

Zum Beispiel: Chile

33 - pinochetNachdem Augusto Pinochet am Putsch gegen den sozialistischen Präsidenten Allende und dessen Partei am 11. September 1973 beteiligt war, regierte er bis zum 11. März 1990. Eine von ihm geleitete Militärjunta löste das Parlament auf, verbot jede Partei und übte antikommunistischen Staatsterror aus. RegierungsgegnerInnen wurden verfolgt und gefoltert. Unter der Zeit der Diktatur wurden mehr als 3.000 RegierungskritikerInnen umgebracht. Die militärisch kontrollierte Regierung setzte Terrorstrategien ein, um die politisch Linke auszulöschen. Ein Untersuchungsergebnis von Amnesty International von Massenfestnahmen in den Jahren 1973–1974 veranschaulicht die damalige prekäre Situation:

„Zu den Folterungsmethoden gehörten Elektroschocks, Schläge, Prügel, Verbrennen mit Säure oder Zigaretten, unendlich langes Stehen, unendlich langes Verhüllen des Kopfes mit einer Kapuze, Isolation, Einzelhaft, Herausreißen der Nägel, Zerschlagen der Hoden, Vergewaltigung, Untertauchen ins Wasser, Aufhängen, vorgetäuschte Exekutionen […] und die erzwungene Teilnahme an den Folterungen anderer.“

Pinochet, seit 1974 Präsident, musste 1989 nach heftigem Widerstand die Macht abgeben. 1990 wurde das freie Wahlrecht eingeführt. Dennoch blieb er bis 1998 Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte.

Wegen extremer Menschenrechtsverletzungen wurde er zwar von der breiten Masse verurteilt, 1998 wurde er trotzdem Senator auf Lebenszeit, was parlamentarische Immunität und Schutz vor Strafverfolgung sichert. Als er sich jedoch 1998 in London medizinisch behandeln ließ, wurde er verhaftet und blieb zwei Jahre in Haft. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wurde er jedoch 2000 wieder freigelassen.

Augusto Pinochet starb am 10. Dezember 2006. Er bleibt als Diktator in Erinnerung, der zwar einen wirtschaftlichen Erfolg Chiles erreichte, aber gleichzeitig die Verantwortung für ein unvorstellbares menschenrechtswidriges System trägt.

(red)

Quellen, Links und Lesetipps

AG Friedensforschung: Juristische Anmerkungen zum Terrorismus und Staatsterrorismus   (abgerufen am 12.02.2018)

Bild – fotografiert von Emilio Kopaitic (abgerufen am 12.02.2018)