Geiselnahme/Entführung

Nach dem deutschen Strafgesetzbuch § 239b StGB  kennzeichnet eine Geiselnahme die Entführung oder Bemächtigung eines Menschen mit dem gleichzeitigen Raub seiner persönlichen Freiheit und körperlichen Integrität. Im Unterschied zur Entführung weiß man bei der Geiselnahme über den Aufenthaltsort der Geiseln Bescheid. 

Durch Geiselnahme kann ein extremer Druck auf Regierungen ausgeübt werden. Einerseits sollte ein Staat nicht erpressbar sein, andererseits sollte der Schutz jedes Menschenlebens höchstes Prinzip eines jeden Staates sein. Dadurch entsteht ein großes Dilemma: Löst der Staat die Forderungen der GeiselnehmerInnen oder EntführerInnen ein, ist nicht gesichert, dass ein solches Unternehmen in Zukunft als „beliebtes“ Druckmittel eingesetzt wird und der Staat sich in eine immer größer werdende Zwickmühle verstrickt. Wenn der Staat aber nicht auf die Forderungen eingeht, setzt er bewusst Menschenleben auf’s Spiel.

Zum Beispiel: Beslan

36 - beslan

Im Oktober 2002 ereignete sich in Russland eine Geiselnahme im Moskauer Dubrowka-Theater, wo 700 Geiseln festgehalten wurden. In den folgenden Jahren nahmen Geiselnahmen im Rahmen des Tschetschenien-Krieges systematisch zu. Seinen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung  am 1. September 2004, als etwa 30 schwer bewaffnete Kämpfer am Morgen des ersten September mit einem Lastwagen auf Nebenstrecken in die Kaukasus-Stadt Beslan fuhren. Um neun Uhr wurde ein feierliches Ritual für die Erstklässler am Hof eröffnet. Diesen „günstigen“ Zeitpunkt nutzten die TerroristInnen und trieben die SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern mit Schüssen ins Schulgebäude (etwa 1.500 Geiseln). Unter den Bodenplanken der Sporthalle, wo sie die Geiseln einsperrten, hatten sie während Bauarbeiten im Sommer Sprengstoff und Munition versteckt. Am 3. September kam es zu einer Explosion und einer darauffolgenden Erstürmung des Schulgebäudes von russischen Spezialeinheiten. Die Decke der Turmhalle brach zusammen. Bis die Russischen Einheiten das Gebäude unter Kontrolle hatten, kam es zu vielen Todesopfern. Mindestens 335 Tote, darunter 156 Kinder, und mehr als 332 Verletzte hat die Geiselnahme gefordert.

Die Beslan-GeiselnehmerInnen sollen folgende Forderungen gestellt haben:

  1. Die Freilassung gefangener tschetschenischer TerroristInnen aus den inguschetischen Gefängnissen.
  2. Alle russische Truppen sollten tschetschenisches Gebiet verlassen.
  3. Der seit 2000 herrschende Präsident Putin muss zurücktreten.

Auf jeden Fall steht fest, dass Geiselnahmen eine breite Öffentlichkeit erreichen und dieser gewollte Effekt der TerroristInnen am Beispiel Beslans durch die Geiselnahme von Kindern verstärkt wurde.

Empörung und Protest löste allerdings nicht nur der unmenschliche Akt der Geiselnahme aus, sondern auch Art und Zeitpunkt der Erstürmung durch die russischen Einheiten.

Wie in vielen ähnlichen Fällen gehen die verschiedenen Darstellungen der Konfliktparteien über Ursache, Verlauf bzw. Opferzahlen weit auseinander. Auch offiziellen Versionen sollte man mit einem hohen Grad an Skepsis begegnen.

(red)

Links und Lesetipps

tagesschau.de, 5. September 2004: Beslan unter Schock. Zahl der Todesopfer übersteigt alle Befürchtungen (abgerufen am 07.01.2018)

Frankfurter Allgemeine: Nachrichten über die Geiselnahme in Beslan (abgerufen am 07.01.2018)

Wladimir Putin: zur Person (abgerufen am 12.02.2018)

Quellen

Strafgesetzbuch: Geiselnahme (abgerufen am 07.01.2018)

Bild: Gedenken an die Opfer (abgerufen am 12.02.2018)