Dominanzverhältnisse

Unter „Dominanzverhältnisse“ versteht man die Diskriminierung von Gruppen aufgrund bestimmter Merkmale wie Geschlecht, Herkunft, Sprache, Religion, Alter oder Behinderung.

Die Ursachen dafür liegen auf der einen Seite in Abgrenzungsbedürfnissen bestimmter Gruppen. Die eigene Gruppe wird bestärkt und die Fremde gleichzeitig abgewertet. Gegenüber der anderen minderwertigen Gruppe werden Feindbilder und Vorurteile innerhalb der Bevölkerung geschaffen, aus der Stereotype und eine Kultur der Ungleichheit resultieren. Auf der anderen Seite fungieren Dominanzverhältnisse auch als Herrschaftsinstrument.

Albert Memmi nennt sie:

„Eine verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Vorteil des Anklägers und zum Nachteil seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden.“

Rassismus

Häufig werden Dominanzverhältnisse mit dem Begriff „Rassismus“ gleichgesetzt. Im engeren Sinne bezieht sich „Rassismus“ jedoch auf die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft bzw. ihrer Hautfarbe. Der Begriff Rassismus kommt ursprünglich von dem französischen Wort „race“ und bedeutet übersetzt „Geschlecht, Stamm, Rasse“. Heute ist der Begriff aufgrund des Holocaust und der Rassenpolitik des Nationalsozialismus stark ideologisch geprägt. Rassismus hat in der Geschichte unzählige Male zu Rassenhass, Krieg, Sklaverei und Völkermord geführt.

Eklatante Rassendiskriminierung gab es zwischen 1890 und 1960 in den Südstaaten der USA gegenüber der schwarzen Bevölkerung, zwischen 1933 und 1945 in Deutschland im Nationalsozialismus gegenüber den Juden und sog. „nicht-arischen Personen“ und ab 1948 in Südafrika während des Apartheidregimes. Eine offene und sehr kontrovers diskutierte Frage ist die, ob die Unterdrückung der PalästinenserInnen in Israel „Rassismus“ genannt werden kann.

Sexismus

„Die Worte verletzen durch die dahinter verborgene Androhung von Gewalt. Es sind nicht die sexistischen Bilder und Worte, die an sich so schlimm sind, es ist die Macht über Frauen, die Androhung von Gewalt gegen Frauen, die der sexistischen Sprache ihre Sprengkraft verleiht.“ Anja Meulenbelt

Unter Sexismus (sexism) versteht man die Diskriminierung oder Unterdrückung von Menschen allein aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit, besonders die von Frauen. Der Begriff stammt ursprünglich aus den 1960er Jahren der amerikanischen Frauenbewegung und baut auf dem Begriff „racism“ (Rassismus) auf. In der Soziologie wird davon ausgegangen, dass Sexismus kulturell bedingt, also durch die Gesellschaft erlernt sei. Es kommt beim Sexismus zu stereotypen Merkmalszuschreibungen, indem Männer oder Frauen abgewertet und auf bestimmte Rollen festgeschrieben werden.

Sexismus zeigt sich in Kriegen durch die Verschärfung von Rollenbildern, die systematische Verletzung, Vergewaltigung und Tötung von Frauen sowie durch die Wahrnehmung von Frauen als Opfer. Auf der anderen Seite werden in Kriegen auch Männer Opfer sexistischer Gewalt durch die massenhafte Verpflichtung von Männern zum Soldatentum und der Verherrlichung von männlichen Täterrollen. Sexismus ist mittlerweile Gegenstand von Gesetzgebung und Sozialforschung, insbesondere der Gender Studies.

Bodyismus

Trends, wie etwa die Überzeugung, dass ein Körper grundsätzlich und in jeder Form gestaltbar ist, oder auch das täglich in den Medien propagierte und in vielen Fällen unrealistische Schlankheitsideal, sind Einflüsse, die von außen auf das Körperbild eines jeden einzelnen von uns wirken. Eine negative Einstellung zum eigenen Körper, ein verzerrtes Körperbild sowie die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen betreffen in der heutigen Zeit große Teile der Bevölkerung.
Mit der zunehmenden Verbreitung der Massenmedien sowie deren immer einfacheren Zugänglichkeit entwickelten sich gesamtgesellschaftlich einheitliche Schönheitsideale. So gilt in westlichen Kulturen ein schlanker Körper als Standard. Dabei zeigt der reale Entwicklungstrend, dass sowohl Körpergröße als auch Gewicht stetig zugenommen haben.
Jemand, der diesen geltenden Schönheitsidealen entspricht, besitzt quasi eine Art von „Kapital“; ihm/ihr fällt es leichter, Zugang zu Aufstiegschancen zu nutzen und der eigene Körper wird zu einer Quelle von Prestige und Anerkennung. Die Wissenschaftlerin Linda van den Broek spricht schon 1988 in Anlehnung an die Begriffe „Rassismus“ und „Ageismus“ vom so genannten „Bodyismus“ unserer Kultur. Das heißt, der Körper – das „Aussehen – wird zur Grundlage der Bewertung und Einschätzung eines jeden Einzelnen. Die äußerliche, körperliche Erscheinung dient demnach auch dazu, Rückschlüsse auf die inneren Qualitäten eines Menschen zu ziehen. Der Charakter oder auch die persönliche Einstellung einer Person – Eigenschaften, die es notwendig machen, einen Menschen erst kennen zu lernen – spielen in diesem Fall keine Rolle. Das Körperideal wird damit zu einem moralischen Ideal.
Um auf ein schon genanntes Beispiel zurückzugreifen: Schlankheit wird gleichgesetzt mit positiven Eigenschaften wie Attraktivität, Selbstkontrolle, Erfolg und hohe Leistungsfähigkeit. Dicksein dagegen ist nach dem Prinzip des „Bodyismus“ Ausdruck von Faulheit und persönlichem Versagen. Zusätzlich wird dem Betroffenen die Verantwortung für das „Dicksein“ und damit auch das „Versagen“ zugeschrieben. Der bodyistische Blick, den man sowohl auf sich selbst als auch auf andere wirft, wird umso härter, je mehr man von einem Ideal abweicht.

Im schlimmsten Fall kann „Bodyismus“ zur kompletten sozialen Absonderung („Marginalisierung“) oder sogar zur physischen Vernichtung jener führen, die nicht Teil einer idealisierten Gemeinschaft sind. Besonders extrem betrieben die Nationalsozialisten dieses Prinzip sozialer Absonderung. So wurden nach dem so genannten „Erbgesundheitsgesetz“ von 1933 350 000 bis 400 000 Menschen wegen angeblich „minderwertigem“ Erbgut zwangssterilisiert. Bei Kriegsbeginn startete die so genannte „Aktion T4″. In „Heil- und Pflegeanstalten“ wurden geistig und körperlich behinderte Kinder und Erwachsene entweder durch gezielte Vernachlässigung, Giftinjektionen oder den Einsatz von Gas getötet.

(kq)

 

Lesetipps und Links:

Christy Brown (1996): Mein linker Fuß. Diogenes Verlag. ISBN 3-257-22768-X

Linda van den Broek (1988): Am Ende der Weisheit – Vorurteile überwinden. Berlin: Orlanda Frauenverlag; ISBN 3-922166-47-4

Frantz Fanon (1986): Schwarze Haut, weiße Masken. Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag; ISBN 3-518-37686-1

Nora Räthzel (2000): Theorien über den Rassismus. Hamburg: Argument-Verlag; ISBN 3-88619-258-X

Christian Delacampagne (2005): Die Geschichte des Rassismus. Düsseldorf: Artemis & Winkler Verlag; ISBN 3-538-07206-X

Angela Davis (1982): Rassismus und Sexismus. Schwarze Frauen und Klassenkampf in den USA. Berlin: Elefantenpress Verlag; ISBN 3-8852-009-37

Wulf D. Hund (1999): Rassismus: Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Alexandra Cavelius (2007): Leila. Ein bosnisches Mädchen. Berlin: Ullstein.

Karin Pöhlmann, Peter Joraschky (2006): Körperbild und Körperbildstörungen: Der Körper als gestaltbare Identitätskomponente.

https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2006-932635.pdf (abgerufen am 2.1.2018)

Nina Degele / Gabriele Winker (2007): Intersektionalität als Mehrebenenanalyse.
https://www.soziologie.uni-freiburg.de/personen/degele/dokumente-publikationen/intersektionalitaet-mehrebenen.pdf (abgerufen am 2.1.2018)

 

Quellen:

Meyers Lexikonverlag: Rassismus. Bearbeitungsdatum: 27 Februar 2007, 15:31 UTC; (abgerufen am 12.11.2007)

Politik Forum – Plattform für politische Diskussion und Information: Definition Rassismus; Bearbeitungsdatum: 22.08.02, 03:31 UTC; (abgerufen am 12.11.07)

Socialinfo – Wörterbuch der Sozialpolitik: Rassismus. (abgerufen am 12.11.07)

dir Info – Das deutsche Informationsverzeichnis: Rassismus – Definition und Bedeutung; (abgerufen am 2.1.2018)

Eva Fels, Dagmar Fink: Was ist Sexismus? Bearbeitungsdatum: 02.02.2002; (abgerufen am 2.1.2018)

Meyers Lexikonverlag: Sexismus. Bearbeitungsdatum: 27.02.2007, 15:31 UTC; (abgerufen am 12.11.07)

Wikipedia: Bodyismus. Bearbeitungsdatum: 08.04.2007, 19:32 UTC;  (abgerufen am 12.11.07)

Linda van den Broek (1988). Am Ende der Weisheit – Vorurteile überwinden. Berlin: Orlanda Frauenverlag, S. 29-34; ISBN 3-922166-47-4

DVD: Respekt statt Rassismus. Hrsg.: Filme für eine Welt/Bildungssteller der AG Hilfswerke, Schweiz 2004. Zu bestellen bei www.baobab.at.

Volker Dahm/Albert A. Feiber (2008): Die tödliche Utopie. Bilder, Texte, Dokumente, Daten zum Dritten Reich. München: Veröffentlichungen des Instituts für Zeitgeschichte zur Dokumentation Obersalzberg, S. 402.

Peter Geißler/Günter Heisterkamp (2007): Psychoanalyse der Lebensbewegungen. Zum körperlichen Geschehen der psychoanalytischen Therapie. Ein Lehrbuch. Wien: Springer Verlag, S. 168-169.

Christoph Müller (2008): Neoliberale Körperreflexionen
Eine Analyse der Zurichtung des menschlichen Körpers im Neoliberalismus unter
besonderer Berücksichtigung der emotionalen und körperlichen Panzerung. Diplomarbeit, Universität Wien 2008, S. 65.

Bildquelle: 

Wikipedia
(abgerufen am 17.1.2021)