Fairer Handel

Den Produkten, die wir kaufen, sieht man nicht an, wie sie erzeugt wurden und wer dafür unter welchen Bedingungen gearbeitet oder geschuftet hat. Das Ziel der Bewegung für Fairen Handel ist es, die „Geschichte von Produkten“ aufzuzeigen, hinter die Kulissen zu blicken – und insbesondere Güter zu propagieren, die unter fairen und ökologischen Bedingungen hergestellt werden.

Aufgebaut wurde der Faire Handel ursprünglich von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wie der Max-Havelar-Stiftung in den Niederlanden oder der EZA in Österreich. Mittlerweile findet man fair gehandelte Produkte aber nicht nur in „Eine Welt“-Läden, sondern auch in Lebensmittelketten und Supermärkten. Das Gütesiegel „Fairtrade“ wird von einer unabhängigen Prüfstelle für Importeure bzw. Produzenten von Produkten vergeben. Auf deren Homepage findet man Hintergrundberichte zu den einzelnen Produkten. Einer der größten Importeure für fair gehandelte Erzeugnisse in Österreich ist noch immer die EZA Fairer Handel GmbH mit Sitz in Lengfelden/Salzburg.

Handel statt Hilfe

Der Leitsatz „Handel statt Hilfe“ ist seit den 1960er Jahren ein zentrales Anliegen der armen Länder. Handel alleine ist jedoch kein Garant für Wohlstand. Es kommt darauf an, wie er gestaltet wird. Die gleichberechtigte und auf Selbstbestimmung basierende Teilnahme daran ist entscheidend. Produkte mit dem Fairtrade-Gütesiegel wurden unter fairen Bedingungen produziert und die Bauern bzw. ProduzentInnen erhalten einen fairen Preis.
Noch macht der Anteil fair gehandelter Produkte am Weltmarkt nur zwischen 1 und 2 Prozent aus. Aber der „Faire Handel“ zeigt, dass globales Wirtschaften auch anders möglich ist, auf eine Weise, in der die ProduzentInnen in den Ländern des Südens das ihnen zustehende Einkommen erzielen können. Häufig einfach, in dem der teure Zwischenhandel, an dem internationale Konzerne verdienen, ausgeschaltet wird. Fairer Handel ist ein Modell für die Zukunft, das hoffentlich jenen politischen Druck erzeugen wird, der zu faireren Handelsbedingungen insgesamt führen wird.
Das Angebot fair gehandelter Produkte umfasst „tropische“ Früchte wie Kaffee, Kakao, Tee, Bananen oder Orangensaft, fair gehandelte Textilien wie T-Shirts, aber auch Kunstgegenstände sowie die beliebten Chico-Hängematten u. a. m. Im Folgenden findet ihr einige Beispiele.

Kakao

Kakao ist ein beliebtes Getränk bei Kindern. Doch wo kommt er her? Kakao ist ein wichtiges Exportprodukt zahlreicher Entwicklungsländer und auch der Grundstoff bei der Herstellung von Schokolade. Die Hauptanbaugebiete haben sich inzwischen von Mittelamerika nach Afrika verlagert, das Land mit der größten Kakaoproduktion der Welt ist die westafrikanische Elfenbeinküste. Die Arbeitsbedingungen im Kakaoanbau sind oft schwierig: Die Löhne von Kleinbauern und Landarbeitern sind kaum Existenz sichernd, Ausbeutung und Kinderarbeit – bis hin zu Kinderhandel und Sklaverei in Westafrika – sind verbreitet. Fair gehandelter Kakao garantiert den Kleinbauern faire Preise und ermöglicht den Familien eine gesicherte Existenz. Ein Beispiel aus dem Sortiment der EZA ist der Bio Equita Löskakao aus der Dominikanischen Republik. Dass der Kakao nicht nur „fair“, sondern auch „bio“ produziert wird, kommt nicht nur der Natur zugute, sondern allen Menschen, die mit dem Produkt zu tun haben: Den KakaopflanzerInnen ebenso wie den kleinen und großen GenießerInnen des Löskakaos.

Kaffee

Kaffee ist nach Erdöl weltweit das wichtigste Handelsgut. Trotzdem können viele Bauern nur knapp überleben. Fairtrade ermöglicht Ihnen Ihr Einkommen aus eigener Kraft zu bestreiten. Die Wurzeln von Kaffee Orgánico, Österreichs erstem kontrolliert-biologischen Kaffee aus Fairem Handel liegen in Oaxaca und Chiapas, im Süden Mexikos. Hier wachsen die Kaffeesträucher unter Schattenbäumen in ökologischen Mischkulturen (einen Kurzfilm über die Erzeugung „fairer“ Kaffeebohnen findet man auf der Homepage der EZA Fairer Handel GmbH). Auch herkömmliche Kaffeeröster führen mittlerweile faire Produkte im Sortiment. Im peruanischen Hochland zum Beispiel reifen die Kaffeekirschen der Kooperative „La Florida“ unter der Äquatorsonne heran, bevor sie sich per Schiff auf den weiten Weg nach Hamburg zum Kaffeeröster J. J. Darboven machen. In Peru profitieren die Bauern vom Fairen Handel und können durch Fairtrade ihre Arbeits- und Lebensbedingungen verbessern.

Faire Bananen

In vielen Supermärkten bekommt man mittlerweile Bananen mit Fairtrade-Gütersiegel. Und auch Getränkehersteller bieten entsprechende Produkte an. Der neue Pfanner FAIRTRADE Bananennektar bietet pur und gespritzt, aber auch als Bestandteil exotischer Cocktailkreationen ein faires und erfrischendes Geschmackserlebnis. Die eingesetzten Bananen für den Nektar stammen von der Kooperative El Guabo in Ecuador, wodurch den PlantagenarbeiterInnen verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen gesichert werden.

Zucker

Vielleicht hat schon jemand braunen Rohrzucker in den Regalen von Supermärkten gesehen? Er wird produziert von der österreichischen AGRANA Zucker GmbH und stammt von der Zucker-Kooperative Kasinthula in Malawi. Malawi´s EinwohnerInnen gehören zu den ärmsten Menschen im Süden Afrikas. Die Kasinthula Zuckerrohr-Kooperative wurde von der Regierung 1996 ins Leben gerufen, um die Notlage der Armen und weitestgehend analphabetischen Bauern und Bäuerinnen zu lindern. Heute wird die Kooperative von den Kleinbauern und -bäuerinnen selbst gemanagt.

Beispiel „Textilien“

Der jährliche Verbrauch an Textilien liegt in Österreich bei etwa 15 Kilogramm und damit zehn Mal höher als in weniger reichen Ländern. Die Hälfte der Textilien besteht aus Baumwolle. Baumwolle ist sehr flächen- und wasserintensiv. So braucht man für 1 Kilogramm Baumwolle ca. 18 Quadratmeter Ackerboden. Der hohe Wasserverbrauch führt zu Wasserknappheit und Versalzung der Böden. Und der hohe Kunstdüngereinsatz in den Baumwollplantagen – 10 Prozent des weltweiten Kunstdüngerverbrauchs gehen auf das Konto der Baumwollproduktion – führt zu großen Umweltproblemen. In Usbekistan, rund um den Aralsee, wo eines der größten Baumwollanbaugebiete der Welt liegt, findet eine permanente Umweltkatastrophe statt, die mittlerweile zur Austrocknung des Aralsees geführt hat. Und in der größten Baumwollplantage der Welt, im Gebiet von Gezira im Sudan, wurde die einheimische Bevölkerung aus den fruchtbaren Ebenen in die unfruchtbaren, ökologisch äußerst sensiblen Randgebiete vertrieben. Durch hohen Kunstdüngereinssatz nimmt die Bodenfruchtbarkeit auf den Baumwollplantagen ständig ab.

Allein mit Biobaumwolle kann eine für die PlantagenarbeiterInnen verträgliche und die Böden schonende Herstellungsweise der Baumwolle gesichert werden. Da diese kurzfristig jedoch weniger Erträge bringt und – anders als die „herkömmliche“ Baumwolle – nicht maschinell, sondern händisch gepflückt werden muss, ist Biobaumwolle teurer und kann natürlich nie in den durch unseren derzeitigen „Textilhunger“ stillenden Mengen produziert werden.

Manche Textilketten führen mittlerweile Biobaumwollprodukte. Noch sinnvoller sind jene der Weltläden, die obendrein das Fairtrade-Gütesiegel haben. Dieses garantiert, dass z. B. die Baumwoll-T-Shirts auch unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden.

Clean Cloth-Campaign

Die Herstellung von Kleidern ist sehr arbeitsintensiv und nur bedingt automatisierbar. Zum anderen weisen Kleider ein sehr geringes Gewicht auf. Beides prädestinierte die Verlagerung der Textilproduktion in Billiglohnländer Asiens, Lateinamerikas und auch Osteuropas. Die Textilindustrie wurde somit zur „klassischen Globalisierungsbranche“. „Die ideale Textilfabrik ist auf einem Schiff, das immer dort anlegt, wo die Löhne gerade am niedrigsten sind“, so brachte es ein Textilindustrieller einmal auf den Punkt. Produziert werden soll dort, wo den NäherInnen die geringsten Löhne gezahlt werden müssen. Die internationale „Kampagne für saubere Kleider“ – auf englisch „Clean Clothes-Campaign“ – setzt sich für faire Arbeitsbedingungen in den globalisierten Textilfabriken ein. Mit Info-Kampagnen wird Druck auf internationale Textil- und Sportwarenunternehmen ausgeübt, die Arbeitsrechte verletzen, miese Löhne zahlen, Gewerkschaften verbieten. Das Ziel sind Verhaltenscodices, denen sich die Textilbranche unterstellen muss und die von unabhängigen Stellen kontrolliert werden. Einiges wurde bereits erreicht – auf alle Fälle eine öffentliche Sensibilisierung, manche Konzerne haben Zugeständnisse gemacht, manche haben sich Verhaltenscodices unterworfen – wenn bisher auch nur auf freiwilliger Basis. Und mittlerweile gibt es auch fair gehandelte Kleider, Teppiche – und Fußbälle, denn auch sie werden in der Regel unter sehr ausbeuterischen Bedingungen hergestellt.

100 Prozent „Fair“ gibt es nur in Weltläden

Die Prinzipien des Fairen Handels werden am stärksten in den Welt-Läden, manche nennen sich auch „Eine-Welt“-Läden, gelebt. In Österreich gibt es 88 Weltläden, in denen ausschließlich fair gehandelte Produkte verkauft werden. Diese waren gemeinsam mit der EZA Fairer Handel GmbH die Pioniere der Bewegung, ihr Engagement hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Faire Handel im Bewusstsein von Politik und Wirtschaft nicht mehr wegzudenken ist, und dass die Idee des Fairen Handels so viele Menschen erreichen konnte.

Ziel muss sein, dass am Ende alle Produkte aus den Ländern des Südens einen fairen Preis erhalten. Es ist daher sinnvoll, wenn auch herkömmliche Produzenten und Importeure fair gehandelte Produkte in ihr Sortiment aufnehmen. Diese Maßnahme darf jedoch nicht zum „ethischen“ Mäntelchen verkommen bzw. als „beruhigender“ Marketing-Gag zur Bedienung der „kritischen“ KonsumentInnen missbraucht werden. Es ist daher wichtig, dass kritische KonsumentInneninitiativen ein Auge auf alle am Markt befindlichen Produkte richten. Kritischer Journalismus, wie etwa jener der Zeitschrift „Südwind“ sowie der Rundbrief „Clean Clothes“, kann dazu beitragen, dass unmenschliche Arbeitsbedingungen und Geschäftspraktiken von Konzernen aufgedeckt werden.

Was können wir tun?

Die Bewegung für fairen Handel kann auf verschiedene Weise unterstützt werden: Mit dem Kauf fair gehandelter Produkte, durch Nachfragen in Lebensmittel- oder Textilgeschäften, ob sie Produkte mit dem Fairtrade-Gütesiegel führen; durch Aussprechen von Lob, wenn dem so ist; durch Einholen von kritischen Informationen über die „Geschichte von Produkten“, etwa über einschlägige Bücher, Homepages, Zeitschriften oder auch die Einladung von ExpertInnen in die Schule. So bietet die Nichtregierungsorganisation Südwind Salzburg Workshops zu einzelnen Produkten an.

(hh)

Quellen, Links und Lesetipps

www.eza.cc

www.fairtrade-code.at

www.weltlaeden.at

www.suedwind.magazin@suedwind.at

www.suedwindsalzburg.at

www.cleanclothes.at

Clean Clothes: Rundbrief.

Südwind. Magazin für internationale Politik, Kultur und Entwicklung. Wien

Jean-Marie Krier: Fair Trade 2007: New Facts and Figures from an ongoing Success Story ; a Report on Fair Trade in 33 consumer countries. Culemburg, 2008. Download: http://www.fairfutures.at/f%20f2007.html

Hans Holzinger: Nachhaltig leben. 25 Vorschläge für einen verantwortungsvollen Lebensstil. Salzburg, 2002.