Fake News oder Fakt? Über Desinformation, Propaganda und die Rolle der Sozialen Medien im Ukraine-Krieg
Der Ukraine-Krieg tobt nicht nur auf dem militärischen Schlachtfeld, sondern insbesondere auch im Netz. Soziale Medien werden vermehrt dazu genutzt, um Falschnachrichten und Propaganda zu verbreiten. Doch wer sind die Akteur*innen, wie und mit welchem Ziel werden Fake News verbreitet und welche dieser Falschnachrichten sind besonders populär?
Wer verbreitet Desinformationen und Propaganda?
Sowohl auf der russischen als auch auf der ukrainischen Seite werden Falschnachrichten verbreitet. Als Beispiele gelten dabei etwa Angaben zu den Todeszahlen oder auch einzelne militärische Erfolge oder Niederlagen, die von den Kriegsparteien strategisch verbreitet werden, um die eigene Seite besser darzustellen. Jedoch gilt, dass im ukrainisch-russischen Informationskrieg die Mehrheit der Falschnachrichten von Russland gestreut werden. Schließlich führt Russland regelrechte Desinformations– und Propaganda-Kampagnen im Netz.
Vorgehensweise und Strategie Russlands
Hierzu zählt beispielsweise die russische Operation „Matrjoschka“, bei der Journalist*innen mit einer enormen Masse an Falschnachrichten überschüttet werden. Eine weitere, besonders umfangreiche Kampagne Russlands ist die Operation „Doppelgänger“. Hierbei wird prorussische Propaganda auf nachgeahmten Seiten und Accounts von seriösen westlichen Medien verbreitet, indem deren Webseiten nachgebaut und deren Logos auf Social-Media verwendet werden (z.B.: Spiegel, Welt, Süddeutsche Zeitung, BBC oder Guardian). Durch diese Nachahmung wird versucht, die Propaganda und Desinformation als seriöse Nachricht erscheinen zu lassen.
Als seriöse Nachrichtenplattform wurde etwa auch die Seite „Voice of Europe“ gegründet, die gezielt prorussische Desinformation streut. Hierdurch soll innerhalb der europäischen Bevölkerung die generelle Souveränität der Ukraine in Frage gestellt werden, sodass finanzielle Unterstützungen für die Ukraine gestoppt werden. Die Seite setzte vermehrt auf rechtspopulistische Politiker*innen, denen sie eine Plattform bat und bezahlte. Allein auf X (früher Twitter genannt) hat „Voice of Europe“ mehr als 180.000 Follower*innen.
Zudem ist es eine bewährte Strategie Russlands eine Vielzahl an Fake-Profilen in den sozialen Medien zu erstellen, um ihre Propaganda gezielt zu verbreiten. Allein im deutschsprachigen Raum wurden auf X im Jahr 2024 beispielsweise mehr als 50.000 gefälschte Konten gefunden, die über eine Million an deutschsprachigen Tweets absetzten und an Spitzen-Tagen zwei Posts pro Sekunde schrieben. Zudem werden auch prorussische Influencer*innen eingesetzt, wie im deutschsprachigen Raum etwa Alina Lipp. Dies sollen scheinbar „authentisch“ vom Kriegsgeschehen berichten.
Nicht nur X, wie eben genannt, ist von der Propaganda besonders betroffen, sondern sämtliche sozialen Plattformen, wie etwa der Meta-Konzern (Facebook und Instagram), YouTube, Telegram oder TikTok. Bei TikTok bekommt man z.B., ohne explizit nach dem Ukraine-Krieg zu suchen, innerhalb von 40 Minuten mindestens eine Falschmeldung zum Ukraine-Krieg (sowohl ukrainische als auch russische Desinformationen). Bei Meta wurden nicht nur zahlreiche Propaganda-Konten eröffnet, sondern zusätzlich bezahlte Werbung für prorussische Desinformation geschalten. Häufig stecken hinter solchen Kampagnen u.a. auch staatseigene russische Medien, wie Russia Today und Sputnik. Diese beiden Sender sind in der EU mittlerweile verboten und auch deren eigene Seiten in den sozialen Medien sind in der EU teils gesperrt (z.B.: auf Facebook und YouTube).
In Russland selbst wurden einige soziale Medien gesperrt (z.B.: Facebook und X) oder lassen sich nur äußerts eingeschränkt benutzen (z.B.: TikTok), während beispielsweise die in Russland äußerst beliebte Plattform YouTube von staatseigenen Sendern massiv bespielt wird. Bedeutsame westliche Medien und Seiten, wie zum Beispiel die BBC, und unabhängige russische Medien werden in Russland gesperrt. Freie Berichterstattung wird daher in Russland blockiert, während staatliche regulierte Propaganda im Netz gestreut wird.
Ziele der russischen Propaganda
- Eigene Bevölkerung für den Krieg zu gewinnen
- Ukrainer*innen auf die russische Seite zu ziehen
- Die internationale Gemeinschaft zu beeinflussen, indem u.a. auch Unbehagen über die wirtschaftlichen Kosten der Russland-Sanktionen und generelle Kritik an den jeweiligen Regierungsmaßnahmen geschürt, ukrainische Flüchtlinge ins schlechte Licht gerückt und zudem prorussische Rechtsaußen-Parteien unterstützt werden. Dadurch soll vor allem der Rückhalt für die Ukraine in Europa geschwächt werden.
- Den Krieg zu verharmlosen
- Die russische Aggression zu rechtfertigen
- Die ukrainische Regierung zu verunglimpfen
Beispiele
Nachfolgend wird eine Auswahl von populären Fake News, Desinformation und Propaganda aus dem Ukraine-Krieg angeführt:
- Russland kämpft gegen Nazis bzw. für die notwendige „Entnazifizierung“ der Ukraine
- Ukrainer*innen und Russ*innen gehören einem Volk an
- Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Ukraine verlassen
- Das Massaker in Butscha war nur eine schauspielerische Inszenierung vonseiten der Ukraine
- Die Ukraine betreibt ein geheimes Biowaffen-Programm und baut an einer Atombombe
- Der „Geist von Kiew“ (eine Falschnachricht aus der Ukraine)
(red) (Stand: April 2024)
Links und Lesetipps
Bayrischer Rundfunk (2023). Unterrichtseinheit. Fakes und Desinformation im Netz erkennen (abgerufen am 5.4.2024)
Correctiv (2024). Diese Falschinformationen und Gerüchte kursieren zum Russland-Ukraine-Krieg (abgerufen am 5.4.2024)
Euronews (2022). Die 5 Top Fake News über den Ukraine-Krieg (abgerufen am 5.4.2024)
Gaufman, Lisa (2022). Nazis, Faschisten und Gayropa. Russlands Kommunikationsstrategien im Krieg gegen die Ukraine (abgerufen am 5.4.2024)
Hamburg Open Online University (o.J.). Ukraine-Krieg und Falschinformationen auf Social Media (abgerufen am 5.4.2024)
Hamburg Open Online University (o.J.). Kurzvideos: Gewappnet gegen faule Social-Media-Tricks (abgerufen am 5.4.2024)
Klug, Tetyana (2023). Desinformation als Waffe im Krieg gegen die Ukraine (abgerufen am 5.4.2024)
MDR (2024). WarTok – Krieg auf Social Media (abgerufen am 5.4.2024)
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Timmermann, Sophie (2023). Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Wie Desinformation zu einer mächtigen Waffe wurde (abgerufen am 5.4.2024)
Zubel, Dominik (2022). Das sind die größten Fake News zum Ukraine-Krieg im Überblick (abgerufen am 5.4.2024)
Weselowski, Kathrin/Weber, Joscha (2022). Diese Fakes kursieren zum Ukraine-Krieg (abgerufen 5.4.2024)
Quellen:
Beck, David (2023). Ukrainekrieg. Wie Russland das Internet zensiert (abgerufen am 5.4.2024)
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Gaufman, Lisa (2022). Nazis, Faschisten und Gayropa. Russlands Kommunikationsstrategien im Krieg gegen die Ukraine (abgerufen am 5.4.2024)
Der Standard (2024). Was wir über das russische Propaganda-Netzwerk in Europa wissen (abgerufen am 5.4.2024)
Der Standard (2024). Russland führte via Twitter massive Fake-News-Kampagne in Deutschland durch (abgerufen am 5.4.2024)
Deutschlandfunk Kultur (2022). Soziale Medien in Russland. Sperrungen und staatliche Propaganda (abgerufen am 5.4.2024)
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Fuhrmann, Lena (2023). Propaganda auf TikTok. „Deutsche“ Inhalte produziert von russischen Staatsmedien (abgerufen am 5.4.2024)
Klug, Tetyana (2023). Desinformation als Waffe im Krieg gegen die Ukraine (abgerufen am 5.4.2024)
Marie-Courtois, Thèo (2024). Russische Desinformation: Fake News gegen die Unterstützung der Ukraine (abgerufen am 5.4.2024)
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Strobl, Paul (2024). Die Sozialen Medien im Ukrainekrieg. Militärische Aufklärung und der Kampf um die Deutungshoheit (abgerufen am 5.4.2024)
Timmermann, Sophie (2023). Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Wie Desinformation zu einer mächtigen Waffe wurde (abgerufen am 5.4.2024)
Weselowski, Kathrin (2024). Faktencheck: Selenskyj als Ziel russischer Fake News (abgerufen am 5.4.2024)
Weselowski, Kathrin/Weber, Joscha (2022). Diese Fakes kursieren zum Ukraine-Krieg (abgerufen 5.4.2024)
ZDF (2022). Fake-Webseiten: Meta löscht größtes pro-russisches Netzwerk (abgerufen am 1.3.2024)
Zubel, Dominik (2022). Das sind die größten Fake News zum Ukraine-Krieg im Überblick (abgerufen am 5.4.2024)
Bildquelle:
Wikimedia Commons (abgerufen am 5.4.2024)