Zitate von Susan Sontag

„Quälende Fotos verlieren nicht unbedingt ihre Kraft zu schockieren. Aber wenn es darum geht, etwas zu begreifen, helfen sie kaum weiter. Erzählungen können uns etwas verständlicher machen. Fotos tun etwas anderes: sie suchen uns heim und lassen uns nicht mehr los.“

„Das Mitgefühl, das wir für andere, vom Krieg und einer mörderischen Politik betroffene Menschen aufbringen, beiseite zu rücken und stattdessen darüber nachzudenken, wie unsere Privilegien und ihr Leiden überhaupt auf der gleichen Landkarte Platz finden und wie diese Privilegien – auf eine Weise, die wir uns vielleicht lieber gar nicht vorstellen mögen – mit ihren Leiden verbunden sind, insofern etwa, als der Wohlstand der einen die Armut der anderen zur Voraussetzung hat – das ist eine Aufgabe, zu deren Bewältigung schmerzliche, aufwühlende Bilder allenfalls die Initialzündung geben können.“

„In einer mit Bilder gesättigten, nein, übersättigten Welt haben gerade jene Bilder, auf die es ankommen sollte, eine dämpfende Wirkung: Wir stumpfen ab. Letztlich nehmen uns solche Bilder etwas von unserer Fähigkeit zu fühlen und die Signale, die von unserem Gewissen ausgehen, wahrzunehmen.“

„Menschen können für Schrecken unempfindlich werden, weil sie den Eindruck gewinnen, dem Krieg – jedem Krieg – sei kein Ende zu machen. Mitgefühl ist eine instabile Gefühlsregung. Es muss in Handeln umgesetzt werden, sonst verdorrt es. Deshalb stellt sich die Frage, was man mit den geweckten Gefühlen, dem übermittelten Wissen tun soll. Wenn man den Eindruck bekommt, dass es nichts gibt, was wir tun könnten, fängt man an, sich zu langweilen, wird zynisch und apathisch.“

„Warum lesen wir in den Zeitungen eigentlich immer die Berichte über furchtbare Feuerbrünste und entsetzliche Morde? Weil die Liebe zum Unheil, die Liebe zur Grausamkeit genauso zur Natur des Menschen gehört wie das Mitgefühl.“

„Fotos von einer Greueltat können gegensätzliche Reaktionen hervorrufen. Den Ruf nach Frieden. Den Schrei nach Rache. Oder einfach das dumpfe, ständig mit neuen fotografischen Informationen versorgte Bewusstsein, dass immer wieder Schreckliches geschieht.“

„Manche Leute haben lange geglaubt, wenn man das Grauen nur anschaulich genug darstelle, würden die meisten Menschen die Ungeheuerlichkeit und den Wahnsinn des Krieges schließlich begreifen.“

Quelle:

 Susan Sontag (2005): Das Leiden anderer betrachten. München, Wien: Carl Hanser Verlag.