Wiederaufbau

„Innerhalb der ersten 5 Jahre nach einem Krieg ist das Risiko, wiederum Schauplatz eines offenen Konfliktes zu werden, deutlich erhöht. Wiederaufbau kann nur nachhaltig sein, wenn er gleichzeitig einer neuen Krise vorbeugt.“ (Weltbank)

Unter Wiederaufbau versteht man alle organisatorischen Tätigkeiten, die nach einem Konflikt oder Krieg stattfinden. Viele Institutionen müssen wieder errichtet werden, wie z.B. Krankenhäuser, Gerichte, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen. Aber auch die grundlegende Infrastruktur wird oft während der kriegerischen Auseinandersetzung beschädigt oder ist gar nicht mehr vorhanden – Häuser, Straßen, Elektrizität und Wasserversorgung gehören zu den elementaren Grundvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben. Oft zieht sich dieser Prozess über Jahre hin und wird durch politische und wirtschaftliche Interessen gestört. In vielen Regionen der Welt leben Familien über Generationen in Flüchtlingscamps – sie werden dort geboren, wachsen dort auf und sterben an einem Ort, der ursprünglich nur als vorübergehende Lösung gedacht war.

Diese Zeit nach einem Konflikt ist nicht nur durch materiellen Mangel geprägt, sondern es ist auch eine Zeit der seelischen Unsicherheit. Der Großteil der Bevölkerung ist von traumatischen Erlebnissen und schweren Verlusten betroffen und auch das Gleichgewicht innerhalb der Gesellschaft muss erst (wieder) hergestellt werden. Daher ist es umso wichtiger, sensibel mit allen Belangen und Ressourcen umzugehen, um zu verhindern, dass nur die sichtbaren Schäden an Mensch und Natur auf Kosten der unsichtbaren Auswirkungen im Vordergrund stehen. Trauer muss möglich sein.

Auf gesellschaftlicher, oder struktureller Ebene geht es darum, die Ungleichheiten, die zu dem Ausbruch der Gewalt geführt haben, kritisch und ehrlich zu betrachten um sie wirkvoll verändern zu können. Es kann sonst passieren, dass sich die Ungleichheiten nur verschieben, und diejenigen, die vom Krieg profitiert haben, nun von der Instabilität in Politik und Wirtschaft profitieren. Oft genügt es nicht aus, „demokratische“ Reformen einzuführen und Wahlen durchzuführen, auch Demokratie ist ein Prozess, der gelernt werden will und nie aufhören sollte, sich zu verbessern. Und schließlich muss auf dem Weg zur Versöhnung die Kultur der Gewalt durch eine Kultur des Friedens ersetzt werden. Dafür sollte von Kindesbeinen an die Fähigkeit Konflikte friedlich auszutragen „geschult“ werden.

Bereiche der Friedenskonsolidierung

Es gibt also unterschiedliche Bereiche, welche beim Wiederaufbau eines Landes beachtet werden müssen:

Ökonomischer WiederaufbauSozialer Wiederaufbau
  • Reparatur zerstörter Infrastruktur und Produktionsanlagen
  • Aufbau neuer Transportsysteme
  • Reaktivierung internationaler Finanzzugänge
  • Konversion der Rüstungsindustrie
  • Hilfe für kriegsgeschädigte Gruppen
  • Gesundheits- und Erziehungswesen
  • Gesellschaftlicher Diskurs über Ursachen und Folgen des Krieges
DemilitarisierungPolitischer Wiederaufbau
  • Politische Kontrolle der Gewaltmittel und -apparate
  • Verminderung der Rüstungsausgaben
  • Räumung von Minen
  • Neuformierung von Polizei
  • Beschäftigung und Reintegration von Soldaten
  • Aufbau demokratischer Strukturen
  • Regeln für Konfliktaustrag
  • Frage der Machtverteilung
  • Bildung politischer Institutionen

(er)

Links und Lesetipps

Herbert C. Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation (abgerufen am 14.5. 2018)

Medico International (abgerufen am 14.5. 2018)

Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (abgerufen am 14.5. 2018)

Gert Sommer, Albert Fuchs:. Krieg und Frieden. Handbuch der Konflikt- und Friedenspsychologie. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz-Verlag, 2004.

Quelle

Volker Matthies (1995): Nicht mehr Krieg und noch nicht Frieden. Schlichtung und Wiederaufbau als Aufgaben der Entwicklungspolitik. In: Der Überblick, Nr. 1, S. 94 f.; zit. n. Institut für Friedenspädagogik Tübingen: Friedenskonsolidierung (abgerufen am 14.5.2018)