Zivile Konfliktbearbeitung

Zivile Konfliktbearbeitung unterscheidet sich von anderen Schlichtungsmethoden darin, dass keine militärischen Mittel eingesetzt werden oder damit gedroht wird. Außerdem wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, möglichst alle Konfliktparteien (nicht nur die – oft zwei – mächtigsten Akteure) mit einzubeziehen. Zivile Konfliktbearbeitung kann zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden – vor dem Ausbruch der Gewalt, während gewalttätiger Auseinandersetzungen und nach dem Ausbruch von Gewalt. Meistens führen Interventionen solcher Art nicht zu offiziellen Verhandlungen, sondern unterstützen den Friedensprozess auf anderen gesellschaftlichen Ebenen.

Am Beispiel: „School of Peace“

Ein Lernort für friedliche Gespräche

Im jüdisch-arabischen Dorf Neve Shalom/Wahat al Salam versuchen die Bewohner das scheinbar Unmögliche: friedliches Zusammenleben und Teilung der Macht. Und sie gründeten die „School of Peace“, wo junge Juden/Jüdinnen und PalästinenserInnen lernen, wie sie kritisch und fair miteinander reden können.
Streiten sollen sie sich auf der School of Peace, ausdrücklich über schmerzhafte Themen. Die Dynamik des Konflikts soll spürbar werden, niemand braucht einen anderen Teilnehmer nach dem Kurs „eigentlich ganz nett“ zu finden. Oft hat sich die emotionale Kluft zwischen den Gruppen am Ende sogar vertieft. „Wir erreichen trotzdem unser Ziel“, behauptet Nava Sonnenschein, „die Teilnehmer machen sich bewusst, welche Rolle sie im Konflikt spielen. Danach können sie sich nicht länger nur als Opfer sehen.“

Der erste Tag, der „Nett-sein-wollen-Tag“. Zehn Mädchen und sechs Jungs, alle aus einer elften Klasse, sitzen in bunter Reihe nebeneinander. Nur wenige von ihnen lassen sich auf Anhieb an Kleidung und Auftreten als Juden/Jüdinnen oder PalästinenserInnen erkennen: der schweigsame Daniel signalisiert seine Herkunft mit einem Davidstern, den er sich auf den Handrücken gemalt hat, Dror, seine Nachbarin, präsentiert sich in verwaschenen Jeans, mit gepiercter Nase und Nabel, stammt also offensichtlich nicht aus einem islamischen Haushalt, Taher und die schöne Rabab dagegen haben sich ganz in Weiß herausgeputzt und mit viel Gel die Locken stabilisiert, unter palästinensischen Jugendlichen ein Outfit für besondere Tage.

Die Juden/Jüdinnen gehen auf die Jerusalemer Renais-Casal-Schule, die schon einige Opfer von Selbstmordattentaten zu beklagen hat. Die PalästinenserInnen kommen aus Deir Hanah, einem Dorf im Norden Israels. Sie gehören zur palästinensischen Minderheit mit israelischem Pass, die zwanzig Prozent der Bevölkerung ausmacht. Obwohl die Jugendlichen alle im gleichen Staat leben, haben sie noch nie in ihrem Leben mit jemandem von der „anderen Seite“ ein Gespräch geführt.

Damit sich das nun ändert, leiten eine arabische und eine jüdische Moderatorin das Treffen. „Redet offen, aber beleidigt niemanden“, erklären sie die Verhaltensregeln, zuerst auf Arabisch, dann auf Hebräisch. Alle lächeln nervös und auch erleichtert, während sie über Hobbys und Schule reden, feststellen, dass in der Palästinenserfraktion irgendwie alle an Gott glauben, bei den Juden dagegen Atheisten neben Strenggläubigen sitzen, dass jüdische Eltern sogar Geschlechtspartner ihrer Kinder über Nacht zu Hause dulden, während selbst den palästinensischen Jungs vom Vater diktiert wird, wann sie zu Haus sein müssen – allein.

Nach dem freundlichen Geplänkel testen die Moderatorinnen die Zimmertemperatur: „Wie wollen wir unsere Gruppe nennen?“ fragen sie in die Runde. „Freunde Israels“, schlägt Anran vor. Die Palästinenser lehnen seinen Vorschlag ab: „Wir identifizieren uns nicht mit dem Namen Israel. Lasst uns ‚Freunde des Friedens‘ nennen.“ (er)

Links und Lesetipps:

Bund für Soziale Verteidigung (abgerufen am 13.5. 2018)

Günter Gugel/Uli Jäger (1999): Global Handeln für Frieden und Entwicklung. Voraussetzungen, Ansätze, Beispiele. Tübingen: Verein für Friedenspädagogik Tübingen e. V.

Hessische Stiftung für Frieden und Konfliktlösung (abgerufen am 13.5. 2018)

Herbert C. Kehlman Institute for Interactive Conflict Transformation (abgerufen am 13.5. 2018)

Institut für Friedenspädagogik (Hg.) (2007): Pädagogisches Begleitprogramm. Peace Counts. Lernen, wie man Frieden macht. (kostenlos gegen Portoerstattung)

Uli Jäger (1996): Soft Power. Wege ziviler Konfltikbearbeitung. Ein Lern- und Arbeitsbuch für die Bildungsarbeit und den Unterricht. Tübingen: Verein für Friedenspädagogik Tübingen e. V.

Komitee für Demokratie und Grundrechte (abgerufen am 13.5. 2018)

Lernen mit Peace Counts. Lernmodelle und Materialien zum pädagogischen Umgang mit Projekten und Themen von Peace Counts. Tübingen 2007. (kostenlos gegen Portoerstattung)

Linkliste des Instituts für Auslandbeziehungen – IFA (abgerufen am 13.5. 2018)

Literaturliste erstellt von der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung (PDF) (abgerufen am 13.5. 2018)

NGO mit Sitz in Brüssel und Washington. Mit Beispielen von FriedensarbeiterInnen: www.sfcg.org (abgerufen am 13.5. 2018)

Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (abgerufen am 13.5. 2018)

Plattform Zivile Konfliktbearbeitung: www.konfliktbearbeitung.net (abgerufen am 13.5. 2018)

Welthaus Bielefeld/Misereor (2006): Entwicklungshindernis Gewalt. Ein Arbeitsbuch über neue Kriege und erzwungene Armut. Wuppertal: Peter Hammer Verlag GmbH.

Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden (abgerufen am 13.5. 2018)

Wie macht man eigentlich Frieden? Vorbilder für Frieden weltweit: www.peace-counts.org
(abgerufen am 13.5. 2018)