Mediation

Am Beispiel: Gefängnis in Südafrika

Im südafrikanischen Gefängnis „Vorberg“ liefern sich Gangs mörderische Kämpfe. Tagsüber sorgen rund zweihundert Wärter für Ruhe und Ordnung, aber sobald sich am Abend die Stahltüren schließen, herrschen Banden unter dem Flachdach des Knastes zwei Autostunden nördlich von Kapstadt. Einzig die MediatorInnen des Center for Conflict Resolution in Kapstadt können die Schwerkriminellen besänftigen. Dies ist eine der vielen Erfolge der Schlichter, die besonders auf die Lösung verwickelter Konflikte spezialisiert sind. Eine von ihnen ist Victoria Maloka.

Konflikttraining im Knast

Schweigend hocken die Häftlinge nebeneinander auf einer langen Holzbank. Zwei Dutzend Diebe, Räuber, Mörder. Sie haben kahle Köpfe und stecken in knallroten Overalls mit dem Schriftzug „Prisoner“ auf der Brust. Dazu ihren Namen „Ibrahim“, „Eric“, „Moses“. Schweigen im Saal. Durch die vergitterten Fenster dringt diffuser Lärm: Stimmengewirr, Schritte, Rufe, verursacht von 1600 Häftlingen, die im Gefängnis „Voorberg“ auf engem Raum zusammenleben, mehr als zwanzig in einer Zelle.

Hartgesottene Jungs, die nichts zu verlieren haben

Die Häftlinge, deren einzige soziale Bindung in diesem Milieu die Gang sind, schauen auf Victoria Maloka, die lächelnd in die Runde blickt und sagt: „Ich komm‘ vom Zentrum für Konfliktlösungen“, erklärt sie. „Wir wollen euch helfen, Probleme zu bewältigen, ohne dass ihr euch dabei den Schädel einschlagt. Dazu gehört, dass ihr euch gegenseitig respektiert und die Menschenwürde eures Nachbarn wahrt.“

Spielerisches Seelentraining für Schwerkriminelle hat Erfolg

Victoria fragt die Häftlinge, ob es einen Menschen gibt, den sie gern haben, dem sie sich anvertrauen können. Die Männer tun sich offensichtlich schwer über Gefühle zu reden. Einer der Männer gesteht, seine Mutter zu ehren. Der Bann ist gelöst: Ein anderer sagt, er hat seine Frau gerne, ein dritter seine Tochter. Es ist angenehm über Gefühle zu reden und seine Seele ein wenig zu öffnen. „Wie fühlt ihr euch?“ ruft Victoria. „Prima“, antworten die Häftlinge im Chor. Und die erste Übung mit Tanz und klatschen von Rythmen schließt an.

Woche für Woche macht Victoria nun mit den wilden Jungs ein spielerisches Seelentraining, lässt die Häftlinge toben und tanzen. Sie versucht die Männer zum miteinander reden zu bringen und bringt in verschiedenen Übungen die Begriffe Respekt und Menschenwürde ins Spiel. Victoria nimmt damit die Gefahr in Kauf angegriffen zu werden, wenn sich der eine oder andere provoziert fühlt – die meisten haben ja nichts mehr zu verlieren.

Victoria und ihre KollegInnen vom Center for Conflict Resolution arbeiten seit 5 Jahren mit Inhaftierten in Gefängnissen. Die Zahl der Morde ging in dieser Zeit signifikant zurück.

Situation für Schwarze in Südafrika

Die Apartheid ist seit 10 Jahren abgeschafft. Die Probleme der Schwarzen sind geblieben. Die große Mehrheit der Farbigen lebt in extremer Armut. Die Polizei geht selbst bei Bagatelldelikten brutal gegen Schwarze vor. Es gibt keine nennenswerte, ärztliche Versorgung für sie, kaum Geld und viel zu wenig LehrerInnen für ihre Schulen. 300 Jahre hat man in Südafrika die Schwarzen unterdrückt. Das lässt sich nicht in 10 Jahren umdrehen.

Als das Center for Conflict Resolution in Kapstadt seine Arbeit begann waren es 10 weiße MitarbeiterInnen. Heute arbeiten 40 überwiegend Schwarze für das Center in den Bereichen Konfliktlösung/Mediation, Ausbildung von MultiplikatorInnen sowie gemeinsam mit der Polizei gegen Gewalt.

Linktipps:

Peace Counts. South Africa: Jailhouse Rock (abgerufen am 15.5.2018)

Quellen:

Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V., Peace Counts. Die Erfolge der Friedensmacher: 2005 – die besten Reportagen, CD-Rom