Global Marshall Plan

1990 veröffentlichte der US-amerikanische Politiker, Unternehmer und Umweltschützer Al Gore in seinem Buch „Wege zum Gleichgewicht – Ein Marshall Plan für die Erde“ die Idee eines „Global Marshall Plans“.

234 - earth in the balanceUm den negativen Folgen der gegenwärtigen Globalisierung, wie Umweltverschmutzung, Armut und ungleiche Verteilung der Ressourcen, entgegenzuwirken, wurde am 16. Mai 2003 die Initiative „Global Marshall Plan“ gestartet. VertreterInnen aus Wissenschaft, Politik, Medien, Kultur, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen haben sich zusammengetan, um eine „Bewegung für Weltfrieden, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit“ anzustoßen. Die Idee bezieht sich auf die Wortschöpfung des US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore aus den 1990er-Jahren und auf das historische Vorbild des Marshallplans, gemäß dem nach dem 2. Weltkrieg von den USA ein wirtschaftliches Wiederaufbauprogramm für (West)-Europa gestartet worden war. Benannt war die Initiative nach dem Initiator, dem damaligen US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger George C. Marshall.

Die Global Marshall Plan-Initiative (kurz: GMPI) wird mittlerweile von vielen Persönlichkeiten, Gruppierungen und auch Städten bzw. Ländern (zumindest verbal) unterstützt. Die Arbeit der bislang vor allem im deutschen Sprachraum beheimateten Initiative wird von der Zentrale der GMPI in Hamburg koordiniert, in Österreich ist der Hauptansprechpartner das Ökosoziale Forum.

Hauptanliegen und Strategie

Als Zielsetzungen gelten eine gerechtere Gestaltung von Globalisierung, die Verbindung von ökonomischer, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit sowie die Verwirklichung der Menschenrechte und Menschenwürde für alle, so die Ausführungen in der Broschüre „Global Marshall Plan – Bring die Welt in Balance durch eine Ökosoziale Marktwirtschaft“.

Erreicht werden soll dies über „gerechte Entwicklungschancen durch Entwicklungspartnerschaften und eine leistungsfähige Finanzierung“ – zur Mittelaufbringung sollen u. a. Abgaben auf globale Finanztransaktionen beitragen, aber auch die Finanzierung über globale Umweltabgaben, etwa eine Steuer auf Flugbenzin oder CO2-Ausgeichszahlungen, ist denkbar. Anders als die gegenwärtige Entwicklungshilfe sollen die im übrigen bedeutend größer dotierten Finanzierungspläne jedoch mit ökologischen und sozialen Standards verknüpft werden.

Das Ziel müsse nämlich ein „fairer globaler Wettbewerb“ sein. Dieser könne nur durch „behutsame Marktöffnung, die nationale Schutzmöglichkeiten zulässt“, sowie die Entwicklung eines „globalen Rahmens für die Wirtschaft mit weltweit verbindlichen sozialen und ökologischen Standards“ erreicht werden. Anders als die gegenwärtige Globalisierung, in der „Entwicklungshilfe“ vor allem über Kredite und Verschuldung finanziert wird, Standards nur auf den freien Verkehr von Waren und Kapital ausgereichtet sind, soll der Global MarshallPlan in eine sozial und ökologische gerahmte weltweite Marktwirtschaft führen.

Als Vorbild für die globale Partnerschaft wird die Ausgleichspolitik innerhalb der Europäischen Union gesehen, über die ärmere Mitgliedsstaaten Zahlungen von den reicheren erhalten mit der Auflage, dass sie die Sozial- und Umweltstandards der EU einhalten.
Ähnlich wie die Gruppe ATTAC fordert die GMPI auch bessere Regeln für die Finanzmärkte, um das Risiko der Spekulation gegen einzelne Volkswirtschaften bzw. Währungen einzugrenzen, sowie eine weltweite koordinierte Steuerpolitik, v. a. das Schließen von Steueroasen und die Kontrolle von Offshore-Bankplätzen, an den regelmäßig Steuern hinterzogen werden.

100 Mrd. US Dollar sollen jährlich an zusätzlicher Entwicklungshilfe fließen

Zusätzlich zu den bisherigen Entwicklungshilfemitteln von jährlich etwa 80 Mrd. US-Dollar werden weitere 100 Mrd. US Dollar pro Jahr veranschlagt, um die im Jahr 2000 von den Staaten der UNO verabschiedeten Milleniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Weltbank und Welthandelsorganisation (WTO) müssten reformiert werden, um die Umsetzung der Maßnahmen sicherzustellen. Zudem sei die Koordinierung etwa mit den Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation verbindlich sicherzustellen.

Die Global Marshall Plan-Initiative wäre ein realistischer Weg, die Gobalisierung in geregelte Bahnen zu lenken und die Kluft zwischen Armen und Reichen in der Welt zu verringern. Wie andere Konzepte – etwa der von UN-Mitarbeiter Ricardo Petrella schon vor vielen Jahren vorgeschlagene „globale Gesellschaftsvertrag“, demgemäß der Befriedigung der Grundbedürfnisse aller ErdenbürgerInnen oberste Priorität eingeräumt werden sollte – leidet die Global Marshall Plan-Initiative jedoch unter mangelnder Resonanz bei den tatsächlich Mächtigen, den politischen Führern der großen Wirtschaftsnationen (G8) sowie den wirtschaftlichen Führern der großen, global operierenden Konzerne. Nur politischer Druck von den benachteiligten Staaten und Völkern könne, so etwa Jean Ziegler, bis 2008 UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, diesen weltweiten Umschwung herbeiführen. Ziegler setzt daher auf die Allianz von Ländern des Südens, in Lateinamerika, in Afrika und in Asien. Denkbar wären aus seiner Sicht kollektive Weigerungen, Schulden zurück zu zahlen, bessere Absprachen hinsichtlich Rohstoffpreisen (wie es der OPEC in den 1970er-Jahren gelungen ist) sowie Verstaatlichungen strategisch wichtiger Rohstoffindustrien.

Auf jeden Fall muss ein Ausgleich zwischen Armen und Reichen in der Welt erreicht werden. Der Umgang mit der Verknappung der Naturressourcen wird nur dann gewaltfrei abgehen, wenn international Vereinbarungen über Nutzungskontingente gelingen und wenn frühzeitig Alternativen zum Ressourcen verschwendenden Wirtschafts- und Lebensstil der gegenwärtigen Globalisierung gefunden werden.

 

Am Beispiel: Marie-Schlei-Verein in Ghana

Der Marie-Schlei-Verien e.V. ist eine Nichtregierungsorganisation, die den Global Marschall Plan unterstützt. Der Verein arbeitet mit Frauen aus Afrika, Asien und Lateinamerika zusammen und engagiert sich um den Aufbau der ökonomischen und ökologischen Struktur, um dort die Armut zu bekämpfen.

Die Frauenförderung konzentriert sich auf:

  • bessere Bildungschancen
  • die Schaffung eines Einkommens
  • die bessere Wasser- und Energieversorgung
  • bessere Ernährung und Gesundheit
  • die Verleihung von Krediten

Konkrete Projekte haben sich in zahlreichen Ländern wie zum Beispiel in Ghana, Vietnam und Bolivien verwirklicht. Der Verein arbeitet mit Lokalen Partnerorganisationen, wie zum Beispiel der WAYSFOP (Women and youth survival Foundation), zusammen. Das Ziel des Vereins ist, dass sich die Frauen untereinander selbst helfen können. Um den Frauen in die Selbstständigkeit zu verhelfen, werden Mikrokredite vergeben. Mit diesem Startkapital können sie in eigene Geschäfte investieren. In Ghana wurde ein solches Projekt in Form von Gemüse- und Getreideproduktion durch Theorie, Praxis und gezieltem Training durchgeführt. Eine Angebotserweiterung der Produkte bietet größere Vermarktungschancen. Die Ausbildungsprojekte beinhalten z. B. Bankwesen, Geschäftsaufbau, Alphabetisierung, u.a.

(hh)

Links und Lesetipps

www.globalmarshallplan.org

www.ecosocialforum.org

Gobal Marshall Plan. Bring die Welt in Balance durch eine Ökosoziale Marktwirtschaft. Hrsg. v. Ökosoziales Forum Europa u.a. Wien, o. J.

Franz Josef Radermacher; Bert Beyer: Welt mit Zukunft. Überleben im 21. Jahrhundert. Hamburg, 2007.

www.agenda21.de

Quellen

Gunther Gugel, Uli Jäger: Global Handeln für Frieden und Entwicklung. Voraussetzungen, Ansätze, Beispiele. Tübingen: Verein für Friedenspädagogik, 1999.

Bildquelle: wikipedia.org