Neutralität

Der Begriff „Neutralität“ beschreibt in der internationalen Politik die Haltung eines Staates, der sich nicht in militärischen Konflikten zwischen anderen Staaten einmischt und Militärbündnissen, wie etwa der NATO, nicht beitritt. Das ist die generelle Definition, doch gibt es natürlich noch unterschiedliche Formen der Neutralität, wie beispielsweise die andauernde Neutralität oder die gewöhnliche Neutralität. Die Schweiz gilt zwar als das Paradebeispiel der Neutralität, doch gibt es noch ein paar weitere neutrale Staaten, wie beispielsweise Österreich oder lange Zeit auch Finnland und Schweden.

Definition und verschiedene Arten der Neutralität

Der Begriff „Neutralität“ stammt vom lateinischen „ne-utrum“ ab, was übersetzt so viel wie „keines von beiden“ heißt. Neutralität bedeutet folglich die Unparteilichkeit eines Dritten. In der internationalen Politik versteht man unter einem neutralen Staat, einen Staat, der sich durch eine Nicht-Einmischung in einem Konflikt zwischen zwei anderen Staaten auszeichnet. Im Völkerrecht wird Neutralität vor allem aus militärischer Sichtweise definiert, wonach ein Staat sich nicht in einem militärischen Konflikt zwischen anderen Staaten einmischt und auch keinem Militärbündnis (z.B.: NATO) angehört. Die Haager Friedenskonferenzen in den Jahren 1899 und 1907 setzten fest, dass neutrale Staaten kriegsführende Länder weder militärisch noch politisch oder wirtschaftlich unterstützen dürfen.

Unterschieden wird weiters zwischen einer andauernden, ständigen oder immerwährenden Neutralität und einer gewöhnlichen, einfachen oder gelegentlichen Neutralität. Erstere Variante bezeichnet Staaten, die immer neutral sind (z.B.: Schweiz), während unter die zweite Version Staaten fallen, die nur in bestimmten Fällen neutral sind (z.B.: USA in der Anfangsphase der beiden Weltkriege). Staaten können von anderen Staaten zur Neutralität gezwungen werden (aufgezwungene Neutralität oder auch Neutralisierung), was häufig zur Unterdrückung oder Einschränkung der Selbstbestimmung dient, oder freiwillig neutral sein. In letzterem Fall kann dies durch eine rechtliche Verankerung (Völkerrecht oder landesrechtlicher Art) oder ohne dieser geschehen. Unter der differentiellen, qualifizierten oder relativen Neutralität versteht man darüber hinaus, dass sich ein neutraler Staat an wirtschaftlichen Sanktionen im Rahmen einer kollektiven Sicherheitsorganisation (z.B.: UNO) beteiligt.

Eigenes Militär, diplomatische Vermittlerrolle und Mitgliedschaft in internationalen Organisationen

Obwohl sich neutrale Staaten nicht in militärische Konflikte anderer Staaten einmischen, so haben auch viele neutrale Staaten ein Militär, um ihr Territorium im Falle eines feindlichen Angriffes zu verteidigen (z.B.: Österreich). Man spricht daher von einer „bewaffneten Neutralität“. Dringt ein anderer Staat mit militärischen Handlungen in den Landweg, Seeweg oder Luftraum eines neutralen Staates ein, dann gilt dies als schwere Verletzung des Völkerrechts und der Neutralitätsschutz, also das Recht auf Selbstverteidigung eines Staates, greift.

Aufgrund ihrer unparteiischen Haltung nehmen neutrale Staaten häufig eine diplomatische Vermittlerrolle ein, weil sie nicht als Bedrohung oder Gegner gelten (z.B.: Österreich v.a. unter Bundeskanzler Bruno Kreisky). Meistens stellen sie hierbei den Kontakt her oder leiten die Verhandlungen.

Was die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen anbelangt, so sind einige neutrale Staaten Mitglieder in solchen Organisationen, wie in der OSZE, UNO oder der EU – hier ist es aber wichtig, dass sie nicht in militärische Handlungen verwickelt werden, sondern immer nur bei Friedenstruppen mithelfen. Auch eine NATO-Partnerschaft ist bei Friedensmissionen möglich.

Beispiele für neutrale Staaten

Als Inbegriff der Neutralität gilt die Schweiz, die seit 1815 offiziell neutral ist. Im Jahr 1955 schwor auch Österreich bei der Unterzeichnung des Neutralitätsgesetzes immerwährende Neutralität, was damals als Voraussetzung für den Abzug der Alliierten galt. Andere Beispiele sind etwa Irland, Malta, Serbien, Moldau, Liechtenstein, Vatikan, Mongolei, Turkmenistan, Costa Rica oder Rwanda. Schweden und Finnland galten bis zur Beantragung der NATO-Mitgliedschaft im Jahr 2022 (im Zuge des Ukraine-Krieges) als klassische Paradebeispiele für neutrale Staaten. So war die Neutralität in Schweden zwar nie in der Verfassung verankert, doch hat sich eine traditionelle Neutralität gebildet, da der schwedische Staat seit Beginn des 19. Jahrhundert an keiner kriegerischen Auseinandersetzung beteiligt war. Was Finnland anbelangt, so wurde der Staat im Jahr 1939 von der Sowjetunion überfallen und musste einige Gebiete abtreten. Im Freundschaftsvertrag von 1948 versprach die Sowjetunion, dass sie Finnland nicht angreift, solange es keinem westlichen Militärbündnis beitritt, womit die Neutralität erzwungen war. Durch die russischen Aggressionen in der Ukraine hat Finnland, welches eine 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt, im Jahr 2022 jedoch die NATO-Mitgliedschaft angestrebt, was einer Abkehr von der Neutralität entspricht.

(red) (Stand: August 2022)

Links und Lesetipps:

Galileo (2022). Neutralität: Das bedeutet der politische Status für eine Nation (abgerufen am 6.8.2022)

Hille, Peter (2022). Ukraine-Krieg. Europa: Das Ende der Neutralität? (abgerufen am 6.8.2022)

Politiklexikon für junge Leute (2008). Neutralität (abgerufen am 6.8.2022)

Schneider, Gerd/Toyka-Seid, Christiane (2022). Neutralität (abgerufen am 6.8.2022)

 

Quellen:

Die Presse (2022). Nato-Beitritt: Kehrt Finnland der Neutralität nun den Rücken? (abgerufen am 6.8.2022)

Galileo (2022). Neutralität: Das bedeutet der politische Status für eine Nation (abgerufen am 6.8.2022)

Gärtner, Heinz (2022). Standpunkt: Neutralität als Option (abgerufen am 6.8.2022)

Hille, Peter (2022). Ukraine-Krieg. Europa: Das Ende der Neutralität? (abgerufen am 6.8.2022)

Müller, Wolfgang (2008). Kalter Krieg, Neutralität und politische Kultur in Österreich (abgerufen am 6.8.2022)

ORF (2022). Ende der Neutralität. Welche Folgen Finnlands NATO-Beitritt hätte (abgerufen am 6.8.2022)

Politiklexikon für junge Leute (2008). Neutralität (abgerufen am 6.8.2022)

Schneider, Gerd/Toyka-Seid, Christiane (2022). Neutralität (abgerufen am 6.8.2022)

Schubert, Klaus/Klein, Martina (2018). Das Politiklexikon. Begriffe, Fakten, Zusammenhänge, Bonn.

Woyke, Wichard (2018). Handwörterbuch Internationale Politik, Wiesbaden.

Bildquelle:

Wikimedia (abgerufen am 7.8.2022)