Prävention – Deeskalation – Nachbearbeitung

„Die Mittel, die jemand anwendet, um Gerechtigkeit zu erreichen oder eine Bedrohung abzuwenden, diese Mittel müssen schon das Ziel widerspiegeln.“

Ein gesellschaftlicher Konflikt ist ein komplexes Phänomen, dementsprechend schwierig gestaltet sich auch die Wahl des richtigen Mittels, um in einem Konflikt situationsgerecht einzugreifen.

Prävention

Bei Prävention (vom lateinischen „praevenire“ = zuvorkommen, verhüten) oder Krisenprävention denken wir in erster Linie an die Vermeidung von direkter, personeller Gewalt. Lange Zeit wurden militärische Maßnahmen mit dem Begriff „Präventivschlag“ belegt, um diese zu rechtfertigen. In der Praxis der Gewaltvorbeugung sind auch Methoden der zivilen Konfliktbearbeitung erforderlich, welche alle Ebenen der Gesellschaft in den Prozess mit einbeziehen. So müssen neben dem Staat oder der Regierung auch die Zivilgesellschaft (BürgerInnen) sowie die ökonomischen und sozialen Strukturen auf nationaler und internationaler Ebene einbezogen werden. Bahnt sich eine Krise an, wird auf Führungsebene meist diplomatisch eingegriffen, gleichzeitig sollten Institutionen der Konfliktbearbeitung – darunter Polizei und Justiz – gestärkt werden.

Damit es nicht zu einer Verhärtung der Krise kommt, sie also nicht anfängt zu eskalieren, gibt es auf zivilgesellschaftlicher Ebene vielfältige Möglichkeiten, zu einem pluralistischen Dirskurs anzuregen. Dabei steht der Schutz von gefährdeten Individuen und Gruppen im Vordergrund. Eine wichtige Rolle spielt die Einbindung der Medien. Aber auch andere öffentliche Institutionen (Verwaltung, Schule  etc.) sollten durch gezieltes Trainig bereits bei ersten Anzeichen einer Krise die Möglichkeit zu einem aktiven Entgegenwirken der Eskalation bekommen. Manche beschränken sich auf einen eng gefassten Begriff der Prävention, der strikt die Phase vor dem Ausbruch von Gewalt umfasst; allerdings zeigen die Erfahrungen, dass der Verlauf von Gewaltkonflikten ein dynamisches Verständnis erfordert.

Deeskalation

Leider werden Konflikte auf internationaler Ebene aber meist erst bei fortschreiteder Gewalt wahrgenommen, wenn der Konflikt bereits eskaliert ist. Eskalation zeichnet sich durch Polarisierung aus, die Konflitktparteien verfallen zunehmend einem Schwarz-Weiss-Denken und meist werden auch die Konfliktursachen auf einige wenige reduziert. Es kommt zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft, Krieg bricht aus. Abhängig von den eigenen Ineressen kann die internationale Staatengemeinschaft nun entweder militärisch reagieren oder aber nur politische oder wirtschaftliche Sanktionen verhängen. Neben den Einsatz von militärischen Mitteln wird immer mehr versucht, andere, „zivile“ Methoden anzuwenden, wie etwa die politische Mediation (zum Beispiel mithilfe einer „neutralen“ dritten Partei). Dazu gehören auch die Stärkung von bestehenden Friedensallianzen (zum Beispiel in wirtschaftlichen Bereichen), die Aufzeichnung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, der Einsatz von Wahrheitskomissionen, die Förderung traditioneller Methoden der Konfliktbearbeitung oder die Einberufung von Dialogforen und Runden Tischen.

Nachbearbeitung

Sollte es trotz aller Schwierigkeiten doch zur Deeskalation und einem Ende der (physischen) Gewalt kommen und zu einer Unterzeichnung eines sogenanntem „Friedensabkommens“, verschwindet der Konflikt meist wieder aus den Medien und damit auch aus dem Sinn. Jedoch ist die Phase der Nachbearbeitung und des Wiederaufbaus sehr wichtig, damit es nicht zu einem erneuten Ausbrechen von Gewalt kommt. Erst jetzt können Maßnahmen gesetzt werden, die den Grundstock zu einem nachhaltigen Wandel bilden: Wahlen müssen organisiert (und beobachtet) werden; es kann zum Einsatz von Peacekeeping-Missionen kommen, welche die Einhaltung der Abkommen beobachten; die Entwaffnung der beteiligten Gruppierungen muss vollzogen werden; soziale und wirtschaftliche Infrastruktur muss wiederbelebt werden; Minen müssen geräumt, Opfer wollen betreut und (Kinder)SoldateInnen wieder in die Gesellschaft integriert werden.

Die Verarbeitung von Leid und die Vorbeugung gegen weiteres Leid lassen sich nicht trennen. Vielen zwischen- und innerstaatlichen Konflikten liegen unaufgearbeitete Altlasten zugrunde, die in einen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt führen, der nicht durchbrochen werden kann, wenn nicht auf allen Ebenen und Ursachen gearbeitet wird.
Die politischen Verhandlungen und dabei entstehenden Lösungen in Form von Abkommen und Verträgen sind nur ein Teil auf dem Weg aus der Gewaltspirale. Wenn in Nachkriegsregionen neuen Gewaltausbrüchen vorgebeugt werden soll, gewinnt die Konfliktfolgenbewältigung – etwa die Unterstützung bei der Bearbeitung von Kriegstraumata oder Anstöße für Wiederannäherungs- und Verständigungsprozesse zwischen verfeindeten Gruppen – präventive Bedeutung. Auch die Reintegration ehemaliger bewaffneter KämpferInnen in die Gesellschaft ist eine der Grundvoraussetzungen für stabile Friedensprozesse und ein Mittel zur Prävention neuer Kriege.

(er)

Lesetipps und Links

Frieden Fragen: Wie kann man die Gewalt in Syrien beenden?  (abgerufen am 12.02.2018)

Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa (UNRIC) (abgerufen am 12.02.2018)

UNRIC: Die Friedenssicherungseinsätze der Vereinten Nationen (abgerufen am 12.02.2018)

bpb – Bundeszentrale für politische Bildung: Frieden machen: Peacebuilding und peacebuilder – PDF (abgerufen am 12.02.2018)

Forum Ziviler Friedensdienst (ZFD) (abgerufen am 12.02.2018)

Institut für Friedenspädagogik Tübingen: frieden-fragen.de (abgerufen am 12.02.2018)

Berghof Foundation – Friedenspädagogik: Gewaltfreiheit/ Gewaltfreie Aktionen  (abgerufen am 12.02.2018)

Gernot Jochheim: Traum und Tat. Wege des gewaltfreien Widerstands. (spannend erzählte Geschichten für Kinder und Jugendliche)

Günther Gugel: Handbuch Gewaltprävention. Für die Grundschule und die Arbeit mit Kindern. Grundlagen – Lernfelder – Handlungsmöglichkeiten. Tübingen 2008. (Zum Bestellen) (abgerufen am 12.02.2018)

X-krisen – Gewaltprävention, Krisensituationen, Amokläufe (CD-ROM), Hg.: Institut für Friedenspädagogik Tübingen, 2004 (Zum Bestellen) (abgerufen am 12.02.2018)

Bildquelle: Pixabay (abgerufen am 09.03.2018)