Folter im Syrischen Bürgerkrieg
Kaum eine Konfliktpartei des Syrischen Bürgerkriegs hat den Einsatz von Folter nicht als Mittel missbraucht. Es gestaltet sich allerdings als schwierig die Anzahl der Opfer zu beziffern, da die Anwendung von Folter laut Wissenschaftlern und nichtsyrischen Politikern stark von den jeweiligen Interessenslagen der Parteien abhängt.
„Gerade am Anfang der Syrienkrise, also 2011 und 2012, brachten sie fast ausschließlich Zivilisten in die Foltergefängnisse“, so der syrische Journalist Mazen Darwish, der im Zuge einer Verhaftung aufgrund der Dokumentation des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten selbst dreieinhalb Jahre in verschiedenen „Untersuchungsgefängnissen“, unter anderem in der syrischen Haftanstalt Saydnaya verbrachte. „Ich hatte in der Zeit keinerlei Kommunikation mit der Welt draußen. Ich wusste anfangs nie, wo ich war. Sie holten mich nachts aus der Zelle, verbanden mir die Augen, und brachten mich in ein anderes Foltergefängnis.“ , berichtet er. „Sie tun alles, um etwas aus den Leuten herauszubekommen, um Geständnisse zu erzwingen für Verbrechen, die man nie begangen hat. Dort habe ich alles erlebt: Elektroschocks, Schläge, Schlafentzug. Sie hielten meinen Kopf unter Wasser, hingen mich an den Händen an der Decke auf. Einmal sperrten sie mich im tiefsten Winter für drei Tage nach draußen in den Hof.“
Trotz der Gesetzeslage, welche besagt dass man spätestens 60 Tage nach Haftantritt ein Verfahren zugesprochen kriegen muss, passiert dies in der Regel nicht. Die Militärjustiz in Syrien veranlasst teils jahrelange Inhaftierungen ohne die Betroffen einem Richter vorzuführen. Offiziell wurde Darwish vorgeworfen terroristische Handlungen zu unterstützen, doch der eigentliche Grund für seine Festnahme war wie bereits erwähnt die Dokumentation der vielen Menschenrechtsverletzungen des Regimes. Laut Darwish gebe es in Syrien kaum eine Familie, die nicht zumindest einen Verwandten hat, der verschleppt, verhaftet oder getötet wurde.
In Darwish‘ Fall war nebst der großen Anteilnahme, die er durch zahlreiche NGOs erfuhr, auch die partielle Verschiebung des Gefahrenpotentials für den Staat von den AktivistInnen hin zu radikal islamistischen Bewegungen ein zentraler Grund für seine Freilassung.
Ein Amnesty International Bericht, der auf die Foltermethoden des syrischen Regimes eingeht, sorgte weltweit für Entsetzen und Empörung, wenngleich Menschen, die sich schon länger mit der Thematik befasst hatten schon lange um das Ausmaß der Gräueltaten Bescheid wussten. Das Verschwindenlassen von politischen Gegnern und systematische Folter gehört seit Jahrzehnten zum Standard-Repertoire der Assad-Herrschaft. „Solange solche Praktiken an der Tagesordnung sind, kann es in Syrien keinen Frieden geben.“, stellt Mazen Darwish fest.
Es gibt rund 60.000 Verschwundene in Syrien, von denen kaum einer wieder aufgetaucht ist. Laut einem früheren Bericht von Amnesty International sind allein in der Haftanstalt Saydnaya nördlich von Damaskus von 2011 bis 2015 bis zu 13.000 Menschen getötet worden. Die Vermutung liegt nahe, dass das von allerhöchster Ebene autorisiert wurde, da laut den Gesetzen der Militärjustiz eine Absegnung des Präsidenten erforderlich ist. Dass auf vergangene Berichte von Amnesty International nicht reagiert wurde, wertet René Wildnagel, der ehemalige Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah, als großes Versagen der internationalen Gemeinschaft.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Folter_w%C3%A4hrend_des_Syrischen_B%C3%BCrgerkrieges
https://www.adoptrevolution.org/folter-in-syrien-und-die-welt-sah-zu-jahrzehntelang/
Bildquelle: Flickr
Links und Lesetipps:
br.de – Militärfotograf Caesar
adopt a revolution über Folter in Syrien
(alle Links wurden am 10.2.2018 abgerufen)