NGOs und Sicherheit
Internationale und nationale NGOs sind weltweit zunehmend Opfer von gewalttätigen Übergriffen in Krisen- und Kriegsgebieten. Der Schutzmantel der Neutralität ist dünn und löchrig geworden.
Humanitäre Zielscheiben
Die Ursachen für die Gewaltübergriffe gegen NGOs sind mannigfaltig. Einerseits wird in vielen Kriegsgebieten das zumeist neutrale Mandat von NGOs immer weniger respektiert. Während noch vor wenigen Jahren der Aufkleber mit einer durchgestrichenen Waffe als Schutzschild seine Funktion erfüllte, müssen sich NGOs heute vielerorts so unauffällig wie möglich bewegen, um ihre Unterstützung leisten zu können. Falls das Sicherheitsrisiko zu groß ist, kann es aber auch vorkommen, dass NGO-MitarbeiterInnen oft wochen- und monatelang untätig darauf warten, dass sich die Sicherheitslage entspannt und sie ihre Arbeit wieder aufnehmen können.
Ein weiteres Problem ist, dass internationale Truppen zunehmend humanitäre Aufgaben übernehmen und somit Kriegs- und Konfliktparteien wie auch die Zivilbevölkerung nicht mehr zwischen Militär und NGOs unterscheiden können. Ein Beispiel dafür ist auch hier Afghanistan, wo die dort stationierten NATO-Truppen große Wiederaufbauprogramme umsetzen. Die Trennlinie zwischen militärischer und humanitärer Intervention ist in den letzten Jahren immer undeutlicher geworden und somit wird der/die Fremde oft generell der Kategorie des externen Eingriffes zugeordnet.
Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen sind in den letzten vierzig Jahren auch viel undurchschaubarer geworden. Vergleicht man beispielsweise die heutige Struktur der Konfliktparteien in Afghanistan mit jener zu Zeiten des Taliban-Regimes, so ist es fast unmöglich geworden, Fraktionen und Gefahrenpotenziale zuzuordnen. Auch im Sudan sind immer mehr Milizeinheiten in Darfur sowie im Grenzraum zum Tschad aktiv, sodass NGOs kaum mehr einen Überblick über die Risikogebiete haben.
Prävention vor Reaktion
Risiko- und Sicherheitsmanagement sind mittlerweile integrale Bestandteile vieler in Krisengebieten tätigen Organisationen. So hat UNDSS, eine UNO-Teilorganisation, ein Sicherheitssystem für die UNO und deren Partnerorganisationen entwickelt, um ein besseres Back-up in Krisenregionen für die eigenen MitarbeiterInnen zu bieten. SicherheitsberaterInnen sind nicht mehr hauptsächlich in Regierungsinstitutionen zu finden, sondern werden zunehmend auch von NGOs eingesetzt. Weiters haben viele NGOs einen Verhaltenskodex entwickelt, der zur Gewaltprävention beitragen soll.
Auch das Prinzip der Neutralität ist trotz Aberkennung und Ignoranz von Seiten der Konfliktparteien eine notwendige Überlebensbasis für die Arbeit von NGOs. Diese Neutralität darf jedoch nicht mit Naivität umgesetzt werden, da es sonst wie im Falle von Ruanda zu einem Missbrauch von Humanitärer Hilfe für Gewalttaten kommen kann.
Nicht zuletzt ist es jedoch der Anspruch an jede/n einzelne/n NGO-MitarbeiterIn, verantwortungsvoll und maßvoll in Krisengebieten zu agieren. Leider gibt es immer wieder Fälle von internationalen EntwicklungshelferInnen, die aus purer Abenteuerlust nicht nur das eigene, sondern auch das Leben der nationalen KollegInnen gefährden.
Nach wie vor gibt es aber auch Krisengebiete, in denen internationale HelferInnen als Schutz für die lokalen MitarbeiterInnen dienen und durch ihre physische Präsenz Übergriffe auf nationale HelferInnen vermieden werden. (ae)