Guerilla in Kolumbien

Die zwei wichtigsten Guerilla-Bewegungen Kolumbiens sind die FARC-EP und die Nationale Befreiungsarmee ELN. Im März 2003 gehörten geschätzte 20.000 KämpferInnen den linksgerichteten Guerilla-Gruppen in Kolumbien an.  Die „Bewaffneten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ oder FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo) sind die älteste und stärkste Guerilla-Gruppe nicht nur Kolumbiens, sondern ganz Lateinamerikas.

Die FARC-EP zählt geschätzte 12.000 bis 18.000 Mitglieder und ist in 35 bis 40 % des kolumbianischen Territorium präsent. Die von der FARC-EP kontrollierten Gebiete liegen hauptsächlich in den südöstlichen Dschungeln Kolumbiens sowie in den Ebenen am Fuße der Anden. Zahlreiche Nationen und internationale Organisationen, darunter auch die USA und die EU, klassifizieren die FARC-EP als terroristische Gruppe. Sich selbst bezeichnet die FARC-EP als politisch-militärische, marxistisch-leninistische Organisation nach bolivianischem Vorbild. Dabei stand ihre Gründung aber nicht im Zeichen der internationalen kommunistischen Bewegung, sondern ist als die direkte Weiterentwicklung einer langen nationalen Geschichte von Bauernaufständen gegen die oligarchische Land- und Machtkonzentration zu verstehen.     So beansprucht sie auch heute noch, die arme Landbevölkerung gegen die Interessen der Wohlhabenden und den wachsenden Einfluss der USA in Kolumbien zu verteidigen.

Die FARC-EP glaubt, diese Ziele durch eine bewaffnete Revolution erreichen zu können. Sie finanziert sich heute hauptsächlich durch Erpressung, Entführungen und, ähnlich den Paramilitärs, durch illegalen Drogenhandel. Während also in der Gründungsphase der FARC-EP noch Aktivitäten wie die Urbarmachung des Landes, die Organisierung des Landlebens und der Schutz der Zivilbevölkerung im Vordergrund standen, wuchs mit den zunehmenden Repressalien von Seiten des Staates ihre militärische Ausrichtung. Internationale BeobachterInnen kritisieren die FARC-EP daher, ihre ursprünglichen Ziele und Motivation verraten zu haben.

Die FARC zieht ihre militärische Stärke aus der Rekrutierung der jüngsten der Gesellschaft: Etwa 20 bis 30 % der FARC-KämpferInnen sind laut Human Rights Watch minderjährig. So wie ihre Gegner, die Paramilitärs, will auch die FARC-EP mittels Massakern jene Gemeinschaften einschüchtern, die sich weigern, mit der Guerilla-Bewegung zu kooperieren. Die FARC-EP legt Bomben und Landminen, denen ZivilistInnen zum Opfer fallen – und dieses Opfer nimmt sie bewusst in Kauf.

Dazu Human Rights Watch: „The FARC-EP’s continued use of gas cylinder bombs shows this armed group’s flagrant disregard of lives of civilians […] gas cylinder bombs are impossible to aim with accuracy and, as a result, frequently strike civilian objects and cause avoidable civilian casualties.“   

Dem Lateinamerika-Experten Werner Hörtner, der mit mehreren führenden FARC-Kommandanten Gespräche geführt hat, zufolge, empfindet sich die FARC als Parallelmacht zum Staat, „und als solche fühlen sie sich berechtigt, Steuern zu erheben und andere Finanzierungsquellen zu erschließen sowie Kämpfer zu rekrutieren und Recht zu sprechen. […] Die Guerilla versteht sich also und agiert als Gegenautorität, mit demselben Anspruch auf Machtmonopole, den der Staat erhebt.“     Dabei ist den KommandantInnen der politische Ansatz einer fundamentalen gesellschaftlichen Veränderung immer noch gültig.

Im Gegensatz zu den vorhergegangenen Regierungen Kolumbiens wird die FARC-EP unter Präsident Uribe nicht als Konfliktpartei anerkannt: Mit „Terroristen“ werde nicht verhandelt. Allerdings erteilte Uribe im August 2005 dem Bischof Luis Augusto Castro den Auftrag, das Gespräch mit der FARC-EP zu suchen – womöglich der erste Schritt auf dem langen Weg zum Waffenstillstand und der Wiederaufnahme des Friedensprozesses. (dp)

Quellen

Werner Hörtner (2006): Kolumbien Verstehen. Geschichte und Gegenwart eines zerrissenen Landes. Zürich: Rotpunktverlag, 2006.

Pax Christi International (2006): Seeking Peace in Colombia. A Pax Christi International Report. Brüssel, Jänner 2006.

Human Rights Watch: Colombia: More FARC Killings with Gas Cylinder Bombs.

Englische Wikipedia: Revolutionary Armed Forces of Colombia.