Foreign Fighters im Ukraine-Krieg

Schon am Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 lud der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausländische Freiwillige als KämpferInnen (sog. „Foreign Fighters“) in die Ukraine ein. Hierfür wurde extra eine internationale Legion zur territorialen Verteidigung von der ukrainischen Regierung gegründet, die durchaus hohen Zulauf aus westlichen Staaten erhielt. Aber auch auf der russischen Seite wurde um Foreign Fighters geworben, insbesondere aus Syrien.

Die Internationale Legion zur Territorialverteidigung der Ukraine

Aufgrund der fehlenden Unterstützung anderer Armeen, bat der ukrainische Präsident Selenskyj am 27. Februar 2022 (also gerade einmal drei Tage nach Kriegsausbruch) ausländische Freiwillige darum, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Am 5. März 2022 wurde gar eigens eine Website eingerichtet, wo sich Foreign Fighters über das Bewerbungsverfahren für die „Internationale Legion der Territorialverteidigung der Ukraine“ informieren können.

Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass in der ersten Monaten nach Kriegsausbrauch circa 40.000 bis 100.000 Foreign Fighters diesem Aufruf gefolgt sein könnten, wobei diese Schätzungen allerdings mit Vorsicht zu genießen sind. Insbesondere BürgerInnen aus westlichen Ländern sind hierunter, etwa aus den baltischen Staaten. Selbst die Regierungen mancher westlicher Staaten motivierten ihre BürgerInnen zu der Teilnahme am Kriegsgeschehen. So befürworteten die britischen und kanadischen Außenministerinnen dies explizit. In Lettland wurde sogar einstimmig die Straffreiheit für Foreign Fighters im Ukraine-Krieg beschlossen. In Dänemark und den Niederlanden wird eine solche Handlung immerhin nicht als illegal gewertet. In anderen Staaten, wie etwa Österreich, drohen hingegen schwerwiegende rechtliche Konsequenzen, da beispielsweise der Entzug der Staatsbürgerschaft möglich ist.

Und auch wenn die rechtliche Problematik kein Problem darstellen sollte, so sind nicht alle Personen automatisch für den Kriegseinsatz in der Ukraine geeignet. So werden nur mehr Personen aufgenommen, die bereits militärische Vorerfahrungen aufweisen können. Auch die unterschiedlichen Sprachen sind für eine vollständige Inkludierung in die Armee manchmal hinderlich. Generell ist die rein militärtaktische Bedeutung der Internationalen Legion nur gering. Allerdings ist jedoch die moralische Stärkung der ukrainischen Armee, ähnlich wie bei den internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, von hoher Bedeutung.

Vor allem moralische Gründe sind es auch, die Foreign Fighters überhaupt motivieren, sich für die Ukraine einzusetzen. Eine junge Ungarin erklärt etwa: „Von Anfang an habe ich gefühlt, dass das nicht nur ein Angriff auf die Ukraine ist, sondern auf ganz Europa, auf die europäischen Werte. […] Und ich konnte einfach nicht sitzen bleiben und nichts tun.“¹ Ähnliche Beweggründe gibt ein Veteran der US-Marine an: „Jeder hat seine eigenen persönliche Gründe, warum er oder sie [in den Ukraine-Krieg] geht. Manchen ging es um das Geld. Andere gingen wegen ihren ideologischen Vorstellungen. Manche wollten den Adrenalin-Kick und sich immer noch relevant in einer Gesellschaft fühlen, die sie zurückgelassen hat. […] Für mich war es die Chance, in einem noblen Krieg zu kämpfen. Ich wollte einer kleineren Nation dabei helfen, sich vor der eindringenden Macht eines großen Tyrannen zu verteidigen.“²

Reaktion Russlands und Foreign Fighters auf der russischen Seite

Die russische Regierung erachtet die Foreign Fighters auf der ukrainischen Seite jedoch als SöldnerInnen, die als Kriegsgefangene nicht unter dem Schutz der Genfer Konvention stehen. Nach dem russischen Verteidigungsministerium werden sie „im besten Falle als Kriminelle verurteilt“³. Somit gesteht ihnen Russland nicht die Rechte ein, die ihnen als rechtmäßige SoldatInnen im humanitären Völkerrecht eigentlich zukommen.

Aber auch auf der russischen Seite kommen Foreign Fighters zum Einsatz. Genauer gesagt kämpfen schon seit der Krim-Annexion im Jahr 2014 ungefähr 17.000 Foreign Fighters sowohl auf der ukrainischen als auch auf der russischen Seite, wie beispielsweise Rechtsextreme. Im Zuge des Ukraine-Krieges erklärte der russische Präsident Wladimir Putin am 11. März 2022: „Wenn man sieht, dass Menschen als Freiwillige kommen wollen, vor allem nicht wegen dem Geld, und dann den Leuten im Donbas helfen wollen, dann müssen wir ihnen helfen und sie dabei unterstützen, dass sie in die Kriegszone gelangen.“⁴ Mit dieser Aussage bezog sich Putin damals auf angeblich über 16.000 Personen aus dem Nahen Osten (vor allem Syrien), die sich dazu bereit erklärt haben, Russland im Ukraine-Krieg zu unterstützen. Es gibt etwa Hinweise, wonach die Gruppe Wagner beispielsweise in Syrien oder Libyen aktiv Foreign Fighters für den Ukraine-Krieg rekrutiert. Vor allem die finanzielle Belohnung ist für viele SyrerInnen, die in Armut leben, attraktiv.

Darüber hinaus sollen auch tschetschenische KämpferInnen sich als Foreign Fighters Russland angeschlossen haben. Die meisten TschetschenInnen auf der russischen Seite wurden jedoch hierzu gezwungen, da der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow als Marionette oder Kampfhund Putins gilt (letzteres aufgrund seiner grausamen Truppen). TschetschenInnen kämpfen aber auch schon seit 2014 auf der ukrainischen Seite. Warum sich die TschetschenInnen auch im Zuge des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 mit den UkrainerInnen verbunden fühlen, hängt damit zusammen, dass sie einerseits eine ähnliche Situation mit Russland in den Tschetschenienkriegen (1994-1996 und 1999-2009) erlebt haben. Andererseits hat die Ukraine damals aber auch einige tschetschenische Flüchtlinge bei sich aufgenommen.

(red) (Stand: Juni 2022)

 

Links und Lesetipps

Froschmayer, Renè (2022). Gemma kämpfen? Die Folgen und Konsequenzen für Foreign Fighters in der Ukraine (abgerufen am 14.6.2022)

Kellermann, Florian (2022). Internationale Legion. Warum ausländische Freiwillige in der Ukraine kämpfen (abgerufen am 19.6.2022)

Krause, Ruth (2022). Reporter. Ausländische Freiwillige: In den Kampf für die Ukraine (abgerufen am 28.6.2022)

Mudge, Robert (2022). Auf in den Krieg: Ausländische Kämpfer in der Ukraine (abgerufen am 14.6.2022)

Sommavilla, Fabian (2022). Legion. Internationales Freiwilligenheer und Putins Söldner ziehen in den Krieg (abgerufen am 19.6.2022)

Tulej, Aleksandra (2022). Wenn junge Männer in fremde Kriege ziehen (abgerufen am 19.6.2022)

Quellen:

Atlamazoglou, Stavros (2022). People are flocking to Ukraine to take on the Russians. Here’s what foreign vets who’ve done it say that fight is like. (abgerufen am 19.6.2022)

Belousova, Katja (2022). Krieg in der Ukraine. Welche Rolle tschetschenische Kämpfer spielen (abgerufen am 19.6.2022)

Falk, Thomas O. (2022). Ukraine war: Why is Russia encouraging foreign fighters to join? (abgerufen am 19.6.2022)

Froschmayer, Renè (2022). Gemma kämpfen? Die Folgen und Konsequenzen für Foreign Fighters in der Ukraine (abgerufen am 14.6.2022)

Lehmann, Barbara (2015). Tschetschenische Kämpfer in der Ukraine. „Die Menschen im Kaukasus haben nichts vergessen“ (abgerufen am 19.6.2022)

Malet, David (2022). The Risky Status of Ukraine’s Foreign Fighters (abgerufen am 14.6.2022)

Mudge, Robert (2022). Auf in den Krieg: Ausländische Kämpfer in der Ukraine (abgerufen am 14.6.2022)

Ott, Haley (2022). Over 40,000 Syrians reportedly register to fight for Russia in Ukraine (abgerufen am 19.6.2022)

Sommavilla, Fabian (2022). Legion. Internationales Freiwilligenheer und Putins Söldner ziehen in den Krieg (abgerufen am 19.6.2022)

Tulej, Aleksandra (2022). Wenn junge Männer in fremde Kriege ziehen (abgerufen am 19.6.2022)

Ukrainisches Außenministerium (2022). International Legion of Defence of Ukraine (abgerufen am 19.6.2022)

Weichert, Rune (2022). Russischer Angriffskrieg. Tschetschenische Truppen in der Ukraine könnten Problem für Russland werden – meint der britische Geheimdienst (abgerufen am 19.6.2022)

Wright, Robin (2022). Will Mercenaries and Foreign Fighters Change the Course of Ukraine’s War? (abgerufen am 14.6.2022)

Fußnoten:

¹ Eine junge Ungarin (2022), zit. in: Kellermann, Florian (2022). Internationale Legion. Warum ausländische Freiwillige in der Ukraine kämpfen (abgerufen am 19.6.2022)

² Ein Veteran der US-Marine (2022), zit. in: Atlamazoglou, Stavros (2022). People are flocking to Ukraine to take on the Russians. Here’s what foreign vets who’ve done it say that fight is like. (abgerufen am 19.6.2022) (übersetzt aus dem Englischen)

³ Russisches Verteidigungsministerium (2022), zit. in: Malet, David (2022). The Risky Status of Ukraine’s Foreign Fighters (abgerufen am 14.6.2022) (übersetzt aus dem Englischen)

⁴ Wladimir Putin (2022), zit. in: Ott, Haley (2022). Over 40,000 Syrians reportedly register to fight for Russia in Ukraine (abgerufen am 19.6.2022) (übersetzt aus dem Englischen)